Monatsbericht Juni 2006
Die Nursery-Waisen
Das große Ereignis war der Transfer von Challa, Orok und Sidai zur Ithumba-Gruppe. Challa und Sidai, beide nur knapp zwei Jahre alt und extrem unterernährt, als sie zu uns kamen, weil sie im kritischen, noch milchabhängigen Alter zu wenig Muttermilch bekommen hatten.
Orok befand sich von Anfang an in einem besseren Zustand. So wurde es Zeit für den nächsten großen Schritt ins „richtige Eli-Leben“. Der Umzug verlief reibungslos, und die drei Neuankömmlinge wurden in der neuen Gruppe sehr liebevoll von den älteren Eli-Mädchen empfangen; besonders von Nasalot, die sie sogleich in ihre Obhut nahm. Am meisten leiden immer diejenigen, die zurückbleiben – in diesem Fall vor allem Lualeni und Kora, die für mehrere Tage vergebens nach ihren Freunden suchten. Den jüngeren Elefanten Makena, Zurura, Sian und Loijuk machte dies weniger aus, da sie mit sich selbst und ihren Fütterungen im Dri-Stunden-Takt sehr beschäftigt waren.
Die Rivalität zwischen Makena, Lualenis Liebling, und dem eifersüchtigen Zurura hält an. Zurura nutzt jede Gelegenheit, Makenazu nerven, indem er sie besteigt, um ihr seine Überlegenheit zu demonstrieren. Das endet gewöhnlich in einem kleinen Ringkampf, in den sich Lualeni dann einmischtm um Zurura wegzuschubsen, der dann von Sian und Kora getröstet wird. Sian scheint die nächste Mini-Matriarchin zu werden, die Lualenis Rolle übernehmen wird, wenn sie und Kora zur Ithumba-Gruppe wechseln.
Koras Kiefer bereitet uns nach wie vor Sorge, denn er eitert noch gelegentlich. Wir warten immer noch auf die Rückkehr von Dieter Rottcher aus Europa, der die Anästhesie durchführen wird. Außerdem bemühen wir uns um einen Tiermediziner aus Südafrika, versiert bei Elefanten-Zahnkrankheiten, der bei der Verabreichung der Langzeitantibiotikum-„Perlen“ in den verletzten Kiefer helfen soll. Kora mit seiner höflichen, ruhigen und liebevollen Art ist ein großer Liebling in der Aufzuchtstation, und es wird alles Menschenmögliche getan, damit er wieder gesund wird.
Makena, Zurura und Lualeni sehen sehr gesund aus, Sian und Loijuk nehmen zu, und selbst Kora ist trotz der Infektion seines Kiefers sehr kräftig. Begegnungen mit den Pavianen, der Giraffe und den Warzenschweinen, die rund um die Nursery leben, bereiten den Eli-Babys viel Spaß, genauso wie Koras Lieblingsbeschäftigung, die Schürsenkel aller Besucher aufzuknoten, die täglich für eine Stunde in die Nursery kommen dürfen.
Die Ithumba-Waisen
Die Ankunft von Challa, Sidai und Orok war natürlich das größte Ereignis. Eigentlich unglaublich, aber dank ihrer geheimnisvollen Elefantenintuition schienen die Ithumba-Waisen dieses Ereignis bereits freudig zu erwarten. Zum Beispiel weigerten sie sich an diesem Tag vehement, sich von ihren Umzäunungen zu entfernen, und blieben stattdessen in der Nähe, bis die Fahrzeuge mit den Neuankömmlingen ankamen. Die ersten, die Challa, Orok und Sidai begrüßten, waren Sunyei, Rapsu, Naserian und Buchuma, gefolgt von Wendi, die allerdings alle durch ihr eher zurückhaltendes und desinteressiertes Verhalten überraschte. Yatta, Nasalot, Mulika, Kinna und Napasha dagegen trompeteten laut und sorgten vor Freude für ein ziemliches Durcheinander. Das musste auf die Babies ziemlich beängstigend wirken, doch Orok, bei weitem der Kleinste ist, bewies sofort, dass er sich nicht so leicht unterkriegen lässt, und verpasste Rapsu, der ihn um einiges überragt, gleich einen ordentlichen Schubs. Nur eine halbe Stunde später hatten sich alle wieder beruhigt und die gesamte Gruppe, angeführt durch Leitkuh Yatta, begab sich in Richtung Busch, wobei Nasalot besonders aufmerksam auf Orok und Sidai aufpasste. Challa hingegen hielt sich lieber an die Keeper. Sunyei, Naserian und Nasalot leisteten den Neulingen in dieser ersten Nacht Gesellschaft im Nachtlager. Nasalot übernahm die Beschützerrolle für Orok und Sidai, die von jetzt an ihre „Lieblingsbabies“ waren. Challa war der einzige Neuankömmling in der Gruppe, der sich nicht so richtig einfügen wollte und stattdessen lieber in der Nähe der Keeper blieb. Und das, obwohl Madiba sich ganz besonders anstrengte, damit er sich wohlfühlt, und ihn zu kleinen, aber sanften Ringkampfspielen animieren wollte. Yatta verbrachte ihre Zeit damit, ihn zu trösten und zu ermutigen, genauso wie Naserian und Sunyei. Ringkämpfe zwischen jungen Bullen wie Rapsu und Buchuma oder Taita und Tomboi werden normalerweise von den „großen Mädels“ toleriert. Doch sobald jemand aus der Reihe tanzt und ein schwächeres Mitglied der Gruppe tyrannisiert, gehen sie sofort dazwischen. Als Taita versuchte Challa zu besteigen, griff Wendi mutig ein, und es entwickelte sich ein richtiger Kampf, der auch Mulika anlockte, die Taita dann beiseite stieß und ihn bestrafte, indem sie ihn für eine Weile von der Gruppe isolierte, eine ganz normale Art der Erziehungsmaßname bei „Regelverstößen“.
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Die Voi-Waisen
Die Dürre dieser Wochen herrschte auch in der südlichen Region des Tsavo-Ost Nationalparks, so dass die Voi-Waisen wieder auf den Mazinga Berg geführt wurden, um wenigstens ein bisschen Grünfutter zu finden. Wir haben außerdem damit begonnen, die tägliche Ration Kopra [getrocknete Kokosnuß] mit Pferdefutter-Pellets aufzustocken. Uaso hat die Voi-Waisen in diesem Monat regelmäßig besucht. Er kam 1996 im Alter von etwa 18 Monaten als Hungeropfer zu uns, und ist nun als einer unserer “Big Boys“, die unabhängig von den Keepern bei den wilden Elefanten Tsavos leben. Er wandert oft zusammen mit Edo, einem anderen der “Big Boys“. In diesen Tagen hat er viel Zeit mit der Waisen-Gruppe verbracht, manchmal sogar den ganzen Tag. Er begleitete sie zum Schlammbad, begrüßte sie an den folgenden Tagen am Fuße des Mazinga Berges oder im Busch. Wann immer er auftaucht, wird er überschwänglich begrüßt, doch die größeren Eli-Mädchen scheinen gehen ihm lieber aus dem Weg und haben keinen Spaß daran, ständig „bestiegen“ zu werden. Er interessiert sich besonders für Edie und war einmal so hartnäckig bei seinen Annäherungsversuchen, dass die anderen Waisen sogar versuchten, sie zu retten. Laikipia brachte all seinen Mut auf und versuchte Uaso herauszufordern. Allerdings musste er aufgeben, denn Uaso ist bereits ein sehr großer zehnjähriger Bulle, und Bullen müssen Ranghöhere und Ältere respektieren. Die Keeper mussten schließlich eingreifen, damit Edie in Ruhe fressen konnte.
Die Freundschaft von Mweiga, Sosian und Mweya zeigte sich auch in diesem Monat wieder durch die Überschwänglichkeit und Fröhlichkeit, mit der die Voi-Waisen jeden neuen Tag begrüßen, oder beim gemeinsamen Spielen, bevor sie sich auf die anstrengende Suche nach Futter machen. Burra erwies sich wieder einmal als starker Charakter, der die Gruppe anführen möchte. Einmal genoß sogar die etwas schwächliche Mweiga dieses Privileg für eine kurze Weile, bevor sie zurückblieb und sofort von ihrem Freund Sosian getröstet wurde, der ihr Gesellschaft leistete. An einem anderen Tag trafen die Waisen auf einen kleinen wilden Elefanten, der sogleich von Natumi begrüßt wurde, und Laikipia animierten den Altersgenossen sogleich zu einem Kräftemessen. Icholta hatte Spaß daran, ein wildes Teenagermädchen zu besteigen, die sich bereitwillig hinlegte. Ein oder zwei Tage später näherte sich ein riesiger wilder Bulle, jedoch wirkte seine Größe eher abschreckend, und die Waisen räumten lieber schnell das Feld. Offensichtlich fraßen sie lieber an der Seite eines alten Büffels, und sie hatten wieder viel Spaß beim Spielen mit der Paviangruppe, die in der Nähe der Stockades lebt. |