Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im Juli

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe:

In diesem extrem trockenen Jahr, in dem die Dürre das gesamte Einzugsgebiet der Elefanten erfasst hat, stirbt eine ganze Generation an jungen Elefanten in ihren Herden, weil ihre Mütter ihnen nicht genügend Milch geben können. Hinzu kommt die eskalierende Wilderei; große Ladungen illegalen Elfenbeins wurden sowohl in Tansania als auch am Jomo Kenyatta Flughafen in Kenia abgefangen. All diese Umstände gefährden unsere Elefanten. So bitter die Wahrheit auch klingen mag, aber aus allen Schutzgebieten im Norden und auch aus dem Amboseli Nationalpark wird von massivem Elefantensterben berichtet, und auch in Tsavo wird es nicht anders aussehen. Die Behörden sollten sich für die nächste Elefantenzählung schon mit Erklärungen wappnen!

Bhaawa with Kenia

Bei so vielen jungen Elefantenbabies in der Nursery, waren die Keeper ununterbrochen im Einsatz, vor allem wenn ein Neuankömmling lebenserhaltende Maßnahmen benötigte. Dann war die Manneskraft vieler Helfer gefragt, so dass die Gruppe Keeper, die die restlichen 21 Waisen betreute, stark unterbesetzt war. Bei jedem Neuzugang mussten die Schlafplätze teilweise umsortiert werden, was den gewohnten Tagesablauf durcheinanderbrachte und immer für Unruhe sorgt. Alle Ställe mussten inzwischen abgeteilt werden und werden nun für zwei statt für gewöhnlich nur ein Baby benutzt. Außerdem gibt es nur noch einen Keeper für jeweils zwei Kälbchen in der Nacht, so dass sich eines immer benachteiligt fühlt! Sabachi nörgelt am meisten, wurde in diesem Monat aber von Sugutu, der Mini-Leitkuh, die komischerweise auch seine beste Freundin ist, zurechtgewiesen. Das bedeutet schlichtweg, dass sie ihre Führungsrolle sehr ernst nimmt, obwohl sie gerade erst ein Jahr alt ist! Tassia ist der quängeligste unter den älteren Bullen und ärgert sich über Kenias Zuneigung zu Bhaawa, der ihr andauernd am Ohr saugt. Tassia versucht sich am anderen Ohr, so dass die arme Kenia ziemlich überfordert wird! Naimina übernimmt langsam eine führende Rolle innerhalb der Gruppe mit den älteren Nursery-Waisen und nimmt Kenia öfters die Hälfte ihrer Gruppe ab.

Tassia & Bahaawa

Chaimus Augen gaben uns Grund zur Sorge, denn schon bei ihrer Ankunft schienen sie eingetrübt. Sie bekam kortisonhaltige Augentropfen und Dr. Schwendemann, ein Augenspezialist für Menschen, hat sie sich regelmäßig angeschaut. Wenigstens ein Auge scheint zu heilen, so dass weiterhin Grund zur Hoffnung besteht. Klein Isiolo, der im letzten Monat sehr krank war, hatte offenbar eine Klebsiellen-Infektion und erholt sich inzwischen gut. Ebenso Kibo, der vor ein bis zwei Monaten die gleichen Symptome zeigte. Klein Kilaguni dagegen, dessen Hinterende von Hyänen angefressen wurde, hat inzwischen einen durch Narben verengten Darmausgang, so dass er nur schwer Kot absetzen kann. Der Tierarzt hat empfohlen, ihm mit jeder Milchmahlzeit einen Löffel voll Paraffinöl zu geben, das als Gleitmittel dienen soll und hoffentlich einen chirurgischen Eingriff verhindert.

Nchan, dieMitglied in Sugutas Gruppe ist, zeigt großes Talent als Anführerin innerhalb der kleinen Elefantengruppe und ist sehr freundlich und mitfühlend.

Auf der Omaisor Ranch nahe Rumuruti im Bezirk Laikipia wurde am 8. Juli eine Elefantenherde offenbar von Wilderern attackiert.  Ein einjähriges Kalb wurde tot aufgefunden (Magenschuss) und ein anderes einjähriges Weibchen wurde halbtot ganz in der Nähe gefunden. Anscheinend war es bei seinem sterbenden Freund geblieben. Das überlebende Kälbchen, ausgemergelt und traumatisiert, war mehr tot als lebendig als man es fand. Die Mitarbeiter der Ranch konnten es leicht überwältigen und alarmierten uns, dass wir es schnell abholen kommen müssten, wenn es noch eine Überlebenschance bekommen sollte. Auf dem Rückflug in die Nairobi-Nursery bekam sie eine Infusion in ihre Ohrvene. Ihre Ankunft verzögerte sich, weil das Rettungsteam im Stau feststeckte, doch als sie gegen 19 Uhr eintraf gelang es ihr sogar, mit Hilfe aufzustehen. Jedoch blieb sie nicht lange auf den Beinen und brach in der Nacht erneut zusammen. Trotz 6 Litern Infusionsflüssigkeit war sie am Morgen immer noch bewusstlos und starb nur wenige Stunden nach Tagesanbruch.

Kilaguni

Ein weiterer Schock war, als die kleine Melia, ein Neuankömmling aus Tsavo, ebenfalls zusammenbrach und infundiert werden musste – gerade als wir dachten, sie sei über den Berg. Zum Glück erholte sie sich, und obwohl auch sie immer noch traumatisiert und abgemagert ist, wird sie sich hoffentlich erholen und überleben. Bisher sieht es jedenfalls ganz danach aus.

Ein anderes einjähriges Weibchen wurde am 21. von der Tumaren Ranch in Laikipia zu uns gebracht. Diese Waise war durch die Hölle gegangen und hatte seine Mutter durch eine Vergiftung verloren. Sie war völlig verängstigt als sie bei uns ankam, doch lebte sich relativ schnell ein. Sie wird einmal ein wundervoller Elefant, denn sie ist über alle Maßen sozial und mitfühlend. Shira und ihre Gruppe haben es ihr besonders angetan.

Nur wenige Tage später, am 26. Juli, erhielten wir die Nachricht über zwei weitere Waisen in Not. Das erste, ein kleines Weibchen, das wir Tano nannten, kam noch am selben Tag bei uns an. Ihre Mutter fiel Wilderern in Loisaba zum Opfer und bei ihrer Ankunft war sie in guter Verfassung. Einziger Grund zur Sorge war Blut in ihrem Stuhl. Allerdings verschwand dieser nach wenigen Tagen. Die zweite Elefantenwaise, ein kleines Weibchen namens Mutura, traf erst am 27. Juli bei uns ein, denn als uns der Anruf über ihre Notlage erreichte, war es bereits zu spät, das Rettungsflugzeug zu starten. Sie verbrachte die Nacht im Ol Pejeta Schutzgebiet und wurde von dessen Managern betreut. Als wir bei ihr ankamen, fiel sofort auf wie jung sie noch war, denn ihre Nabelschnur hing noch am Bauch. Wir befürchteten, dass sie nicht genügend Kolostrum von ihrer Mutter bekommen hatte und riefen unseren Tierarzt Dr. Sanjay zu Rat, der sie untersuchte und ihr eine Dosis Blutplasma injizierte. Diese beiden Baby-Kühe wurden zusammen mit Isiolo untergebracht und bilden nunmehr eine eigene kleine Gruppe. Soweit geht es den beiden Neuankömmlingen den Umständen entsprechend gut. Isiolo hingegen kämpft immer noch mit seiner Erkrankung. Er ist sehr schwach und obwohl er gut frisst und sein Kot normal aussieht, hat er abgenommen. Die Tierärzte haben gemeinsam mit Daphne und Angela Sheldrick unermüdlich um sein Leben gekämpft. Ein paar Mal musste er an den Tropf gehangen werden. Doch bisher hat er sich erfolgreich geschlagen und scheint sich ein wenig erholt zu haben.

Ndii leading Kenia's group

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe:

Siria und Mzima sind weiterhin enge Spielgefährten und fechten ihre Kräftemessen im Stallgelände, beim Schlammbad und im Busch miteinander aus. Die Trockenzeit hat das ganze Gebiet erfasst und der Großteil der Pflanzen ist verdorrt, so dass die Waisen und auch die anderen Wildtiere große Schwierigkeiten haben, frisches Futter zu finden. Die Elefantenwaisen verbrachten die meiste Zeit beim Grasen an den Hängen von Mzinga Hill, manchmal stiegen sie auch in höhere Lagen hinauf, wo es noch mehr Grünfutter gibt. Wenn es zu warm wird, suhlen sie mittags ausgiebig im Schlamm oder im Dreck, um ihren Körper vor der Hitze zu schützen. Die Spielereien der Waisen locken öfters auch die neugierigen Paviane an, die dann meist von den Babies umhergejagt werden!

Lesanju ist nach wie vor die Leitkuh der Herde, manchmal gibt sie auch ein paar ihrer Befugnisse an Mzima und Wasessa ab. Der Rest der Gruppe zieht es vor, sich den dreien lieber anzuschließen und hat bisher keine Ambitionen gezeigt, die Herde anzuführen.

Die Voi-Waisen trafen in diesem Monat dreimal auf eine Herde wilde Elefanten. Die Gruppe bestand aus einer Kuh mit ihrem jungen Kälbchen und drei Halbwüchsigen. Sie begegneten sich erstmals am 9. Juli, als die Herde an die Stalltränke kam, just als die Waisen auf dem Weg nach draußen waren. Die wilden Elefanten schlossen sich unseren Waisen an, und sie fraßen alle gemeinsam am Mzinga Hill. Lesanju und Mzima waren völlig hingerissen von dem kleinen Kälbchen. Seine älteren Gefährten hielten die beiden aber auf sicherem Abstand. Die zweite Begegnung mit der gleichen Gruppe folgte schon am nächsten Tag. Wasessa war allerdings die einzige, die sie begrüßen wollte. Auch sie wurde von den halbwüchsigen Herdenmitgliedern vehement davon abgehalten, dem Kälbchen zu nahe zu kommen. Das dritte Mal trafen die Waisen die Herde am 12., als sie abends wieder einmal an der Stalltränke vorbeischauten. Die Waisen waren bereits in ihren Nachtlagern und Wasessa die einzige, die die Besucher mit einem Kollern begrüßte. Die anderen waren zu sehr mit Fressen beschäftigt.

Shimba kämpfte für ein paar Tage mit Bauchschmerzen, sie begannen am 10. und die Keeper sahen, dass er an Blähungen litt und als letzter der Gruppe im Stall eintraf. Bereits am nächsten Tag hatte er überhaupt keinen Appetit mehr und sein Bauch war auffällig aufgedunsen. Die Keeper benachrichtigten Dr. Dame Daphne Sheldrick, die ihnen riet, ihm Buscopan zu geben, das die Blähungen lösen sollte. Angela Sheldrick meinte außerdem, dass es hilfreich sein könnte, mit den Waisen ein bisschen weiter zu laufen, da ein bisschen mehr Bewegung ebenfalls die Blähungen lösen kann. Die Medizin in Verbindung mit zusätzlicher Bewegung half Shimba und er erlangte seinen Appetit zurück. Am 15. ging es ihm schon wieder so gut, dass er morgens als erster aus dem Stall sauste, um seine Milchration abzuholen.

Nach wie vor gibt es kein Lebenszeichen von Emilys und Natumis Herde, die inzwischen mit ihren Kälbchen inmitten der wilden Herden leben. Jetzt da das Nahrungsangebot knapper wird, sind viele der Wildtiere in andere Gebiete gewandert, um Futter zu finden. Die, die hier geblieben sind, kann man an den des Öfteren an den permanenten Wasserquellen der Region antreffen. Am 12. wurde eine wilde Elefantenkuh mit ihrem Kalb an der Ndara-Wasserstelle gesichtet. Die Rüsselspitze der Kuh war verletzt und sie hatte deutlich sichtbare Schnittwunden.

Unsere Voi-Keeper waren in diesem Monat an zwei Rettungsaktionen beteiligt, einmal am 20. und ein weiteres Mal am 27. Juli. Die erste Elefantenwaise wurde bei Finch Hattons entdeckt und war extrem schwach und ausgezehrt. Als es vom Rettungstrupp umzingelt war, rief es laut nach seiner Familie, die ganz in der Nähe graste. Die wilden Elefanten kamen sofort herbei gerannt und trieben die menschlichen Retter auseinander. Das Kälbchen brach zusammen und starb nur wenig später im Beisein einer wilden Kuh, die höchstwahrscheinlich seine Mutter war. Der zweite Rettungsruf kam von ein paar Touristen, die in der Nähe des Campingplatzes in Ndololo ein Kalb entdeckt hatten. Auch dieses Baby war in erbärmlicher Verfassung und starb nur eine Stunde nach seiner Rettung im Stall in Voi.

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe:

Die Ithumba-Waisen, inzwischen insgesamt 30 an der Zahl, sind nach wie vor in drei feste Gruppen aufgeteilt. Deren Leitkühe sind Yatta, Wendi und Naserian. Die beiden älteren Gruppen haben mittlerweile viele wilde Freunde im gleichen Alter, die sie zu den Stallungen oder an die Wasserstellen begleiten. Die jüngste Gruppe verbringt die meiste Zeit beim Grasen mit Naserian, die das Ruder in der Hand hat. Sie treffen sich fast jeden Tag irgendwo mit den Ex-Waisen, wenn sie unterwegs sind. Manchmal verbringen sie den Vormittag zusammen und vergnügen sich später beim mittäglichen Schlammbad bevor sie anschließend wieder getrennte Wege gehen.

yatta & kina (2)

Obwohl es sehr trocken ist, sind in diesem Monat nur fünf Mal wilde Elefanten zum Saufen an die Stallungen gekommen. Das wohl aufregendste Treffen ereignete sich am 13. Juli, als 22 wilde Elefanten zum Stallgelände kamen. Die erste Gruppe mit vier Wilden traf gegen 16.30 Uhr ein, und nach und nach folgte der Rest der Herde. Als Wendi und ihr Trupp schließlich von ihrem Tag im Busch zurückkehrten, waren so viele Elefanten an der Tränke, dass sie bis nach Einbruch der Dunkelheit anstehen mussten, bevor sie zum Saufen an der Reihe waren.

wendi showing off (8)

Auch im Juli herrschte ein reger Mitgliederwechsel zwischen den beiden älteren Gruppen. Napasha war der Erste und wechselte von Yattas Gruppe in Wendis. Die Keeper glauben es lag daran, dass er von einem der halbwüchsigen Bullen in Yattas Herde bedrängt wurde, der ihn ständig in Zweikämpfe verwickelte. Der wilde Bulle schien ihn so sehr zu vermissen, dass auch er wenig später in Wendis Gruppe überlief. Galana und Challa verbrachten einige Zeit in Yattas statt in Wendis Gruppe, und Ol Malo hat sich in diesem Monat oft ganz von den älteren Waisen abgesetzt und war viel mit ihrem wilden Freund unterwegs. Es gab zwischenzeitlich einige Tage, an denen man sie überhaupt nicht zu Gesicht bekam. Challa hat sich schon immer gern für eine Weile von der Gruppe der Waisen abgesetzt, um Zeit mit ihren wilden Freunden zu verbringen. In diesem Monat hat sie sich auch manchmal Ol Malo angeschlossen.

challa, olmallo & wild elephants at stockade water trough (1)

Obwohl Naserian die offizielle Leitkuh der Jüngeren ist, so delegiert sie öfters einmal die anderen ab, um der Gruppe den Weg zu zeigen – am Morgen hinaus in den Busch oder zum mittäglichen Schlammbad. Sie teilt sich ihre Aufgaben mit Sidai, Sian und Makena. Auch in diesem Monat verbrachten die jüngeren Waisen öfters Zeit mit wilden Elefanten beim Grasen oder Suhlen.

Die Vormittage sind ausgefüllt mit viel Spiel und Spaß. Die Jungs sind vor allem mit ihren kleinen Ringkämpfen und Kräftemessen beschäftigt. Kora, Buchuma, Zurura und Kamboyo tragen ihre Kämpfe aber immer freundschaftlich aus, manchmal sogar noch auf dem Weg in den Busch und beim Schlammbad nachdem sie ihre Milch getrunken haben. Die Lieblingsstelle der Waisen zum Grasen sind Imenti, Kone, Kanziku und die Hänge von Ithumba Hill. Auf einem ihrer Ausflüge brach zwischen Sidai und Kora Streit um ein Stücken Rinde von einer Akazie aus, das Sidai vorher vorsichtig vom Baum abgezogen hatte. Kora wollte ihr die Rinde dann abnehmen, und da er viel größer und stärker ist, musste Sidai wohl oder übel zusehen wie ihre Errungenschaft genüsslich verspeist wurde!

Die Sheldrick-Familie besuchte Ithumba in diesem Monat und hatte viel Freude, den Waisen beim Spielen zuzuschauen. Auf Wendi war wie immer Verlass, und so sorgte sie ganz exklusiv für die Unterhaltung unserer Besucher!