Ziwanis Rettung

Es war in der Nacht zum 20. Januar 2009: die Ranger des Kenya Wildlife Service, die in der Nähe des Anwesens von Ziwani Sisal an der südlichen Grenze des Tsavo West Nationalparks stationiert waren, hörten die Hilfeschreie eines Elefanten. Die Geräusche kamen aus der Richtung des Bewässerungskanals auf dem Anwesen, wohin viele Tiere regelmäßig nachts zum Saufen kommen. Am nächsten Morgen, auf einer Routinepatrouille im Kanalgebiet stießen sie auf ein einsames kleines Kälbchen von etwa 10 Monaten, das mit Stichwunden von Speeren und Messern übersät war.

Ziwani

 

Ohne Zweifel war sie so von Massai-Viehhirten zugerichtet worden, die ihre Rinderherden unerlaubt im Park grasen lassen. (Den Massai wird nachgesagt, ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen, indem sie ein so genanntes gefährliches Tier mit dem Speer erlegen. Aber es zeugt lediglich vom Schlechten im Menschen, nämlich seiner Herzlosigkeit, Gefühlskälte, Grausamkeit und Feigheit. Offenbar scheint es manchen Menschen Freude zu bereiten, absichtlich einen kleinen Elefanten zu misshandeln, der nach dem Verlust seiner Familie ohnehin schon genug traumatisiert war.)

Die Ranger beobachteten den kleinen Elefanten einige Stunden, bevor sie sicher sein konnten, dass es sich tatsächlich um ein Waisenbaby handelte – vielleicht sogar das Kälbchen der toten Elefantenkuh, die sie vor etwa einer Woche gefunden hatten. Sie kontaktieren ihr Hauptquartier in Kamboyo, von wo aus man die Information nach Tsavo East an unsere Keeper in Voi weiterleitete, die sich sofort in Gang setzten, um das verwundete Elefantenbaby abzuholen. Der kleine Elefant sammelte in der Zwischenzeit noch all seine restlichen Kräfte, um sich die Ranger vom Leib zu halten. Schließlich bekam es aber immer mehr Angst, alleine zurückgelassen zu werden, dass es ihnen zurück zum Camp folgte. Dort schafften sie es, das Kälbchen in eine der Mitarbeiterunterkünfte zu locken und warteten auf das Rettungsteam, das mehrere Stunden später aus dem 250 km entfernten Voi eintraf.

Die Waise wurde mit einer Milchmischung gefüttert und danach auf die Ladefläche des parkenden Pickups und weiter nach Voi befördert. Mit angezogenen Beinen lag sie auf einer Matte, nur mit einer Decke zum Schutz gegen den Wind und Kälte bedeckt. Am nächsten Morgen wurden wir in Nairobi benachrichtigt, dass ein Rettungsflugzeug benötigt wurde. Kurz darauf wurde die Rettung eingeleitet, und die Keeper aus der Nairobi-Nursery machten sich auf den Weg, um das neue Elefantenbaby in Empfang zu nehmen. David Ndeereh, der Tierarzt unserer Mobilen Tierärztlichen Einheit in Tsavo, versorgte in der Zwischenzeit die vielen Wunden des Kälbchens. Einige waren sehr tief, vor allem an den Beinen, auf dem Rücken, und am Kopf – eines seiner Ohren hing fast zweigeteilt herab. Der kleine Elefant, ein Weibchen, hat also noch einen weiten Weg vor sich, bis sie wieder vollkommen gesund sein wird.

Ziwani

Wir nannten sie Ziwani, und trotz der Misshandlung durch Menschen, hat sie sich bemerkenswert schnell beruhigt. Am Abend des 21. schlang sie bereits ihre Milch hinunter und hatte die Keeper gänzlich akzeptiert. Sie war glücklich, als sich all die anderen Mitglieder der Nursery-Gruppe an der Stalltür versammelten, um sie zu begrüßen. Dieses Ritual schafft immer Vertrauen und beruhigt die verängstigten Neuankömmlinge. In den nächsten Tagen wurde sie rund um die Uhr versorgt, und nur der unermüdlichen Bemühungen von Robert Carr-Hartley und den Keepern ist es zu verdanken, dass sie die nächsten 48 Stunden am Tropf überlebte und dann endlich wieder aufstehen konnte. Leider müssen ihre Wunden nun täglich gesäubert und behandelt werden – eine sehr schmerzhafte Prozedur, aber sie scheint zu verstehen, dass man ihr nur helfen will und lässt alles tapfer über sich ergehen. Kleie und Penicillin sollen sie vor einer ernsthaften Infektion schützen, und wir sind uns sicher, dass es ihr bald jeden Tag ein bisschen besser gehen wird. Ihr Schmerz und Unbehagen ist nur schwer mit anzusehen. Wir hoffen inständig, dass die kleine Ziwani trotz ihres schweren Starts zu einem gesunden Elefanten heranwächst und ihren Platz in ihrer neuen Familie aus Menschen und Elefanten findet, um irgendwann wieder dahin zurück zu kehren, wo sie hingehört – in die Wildnis.

 

Leider haben all unsere Bitten nicht gereicht – Ziwani hat es leider nicht geschafft und ist am 10. Februar 2009 von ihren Schmerzen für immer befreit worden.