Newsletter aus Kenia / die Eli-Waisen im Mai

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe

Der Tod vieler Elefanten, bedingt durch die gegenwärtig extreme Trockenheit und die rapide ansteigende Wilderei im ganzen Land ist ein sehr alarmierender Trend und schlichtweg ein Fakt, der von den zuständigen Behörden sehr ernst genommen werden sollte. In diesem Monat wurden mindestens drei tote junge Elefanten in der Region Milgis gefunden, die Rettung eines anderen Waisen am 3. Mai musste abgebrochen werden, weil das Baby starb, noch bevor das Flugzeug landen konnte. Etwas vorher nie Dagewesenes passierte am 12. Mai nun gleich ein weiteres Mal – ein Elefantenkälbchen starb, noch ehe es gerettet werden konnte. Zum Glück gelang die Rettung von drei weiteren Babys, so dass die Zahl der Schützlinge in der Nairobi-Nursery auf rekordverdächtige 18 anstieg.

Mawenzi playing

Am 16. Mai wurde (dank der Samburu-Gemeinde und dem Milgis Trust) ein drei Monate altes Weibchen gerettet, und am 22. fand man einen sechs Monate alten Bullen allein in der Nähe des Chyulu-Tores am Eingang des Tsavo-West-Nationalparks. Beide wurden in die Nursery gebracht. Der kleine Bulle trug einige Bisswunden, die ihm wahrscheinlich eine Hyäne zugefügt hatte. Alles, was von seinem Schwanz noch übrig war, war ein kleiner Stummel, sein Gesäß war mit Zahnabdrücken übersät, an beiden Ohren waren zwei große Stücke herausgebissen und auch an seinem Hinterbein saß eine tiefe Bisswunde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Familie dieses Kälbchen Wilderern in die Hände gefallen war, die in dieser Gegend sehr aktiv sind. Am 30. Mai wurde ein nur fünf Wochen altes Weibchen in der Region Kalama (Samburu-Land) bei Archer’s Post geborgen. Sie war früh morgens von Samburu-Stammesangehörigen gefunden worden, nachdem sie in den als Likwasi-Oibor-Brunnen („der weiße Brunnen“) gefallen war. Das Kälbchen kam in guter körperlicher Verfassung bei uns an und traf bereits am gleichen Nachmittag die anderen Waisen – sie sehnte sich offenbar sehr nach der Gesellschaft von Artgenossen. Wir haben sie „Kalama“ genannt, nach dem Ort, an dem sie gefunden wurde.

Der Rettungsversuch des Elefantenbabys in Milgis war sehr dramatisch. Nachdem einer der Stammesältesten von einem Elefantenbaby berichtete, das 3 Meter tief in einen Brunnen gefallen war, machten sich ein paar mitfühlende Samburu im Landrover des Milgis Trust auf den Weg zum Unglücksort. Einige Stunden später warfen sie eine Seilschlinge um die Brust des Kälbchens, das sich am Boden des Brunnens verzweifelt zu befreien versuchte. Nachdem es den Männern gelungen war, das Baby heraufzuziehen, gaben sie ihm Wasser und rehydrierende Flüssigkeit. Zwei der Samburu blieben bei ihm, während sich die anderen aufmachten, die Gegend nach einer wilden Herde auszukundschaften, in der sich vielleicht die Mutter des Kälbchens aufhielt. Bis zum Anbruch der Nacht konnte jedoch keine Elefantenherde ausfindig gemacht werden, so dass die Retter ihr Lager für eine sehr lange und ungemütliche Nachtwache aufschlugen. Sie hofften, dass die Mutter auf das Brüllen ihres Babys reagieren und zurückkommen würde. Zwei der Männer hatten sich – strategisch klug – ganz in der Nähe des Kälbchens versteckt, während die anderen sie durch ihre Ferngläser von einem Felsen beobachteten. Lediglich zwei Bullen kamen in der Nacht vorbei, ohne sich jedoch näher mit dem Kälbchen zu beschäftigen. Bei Tagesanbruch verständigte man uns in Nairobi, dass ein Rettungsflugzeug benötigt würde, da das Kälbchen erst drei Monate alt sei und jetzt dringend Milch brauchte. Die Retter begleiteten das Kälbchen bis zur nächsten Landebahn, wo sie erschöpft einschlief und später in die Nairobi-Nursery ausgeflogen wurde. Ihre Retter baten uns, sie „Kudup“ zu nennen, und mit Sicherheit werden sie ihre weitere Entwicklung über unsere Website verfolgen.

Nchan & Aden

Der Milgis Trust hat in der Region Wunder vollbracht! Die ganze Gemeinschaft hat sich mittlerweile dem Naturschutz verschrieben und uns – trotz einiger merkwürdiger und unlogischer Weisungen des KWS – ihre Zusammenarbeit versichert. Wenn ein Elefantenbaby zur Waise wird, hängt sein Leben schnell am seidenen Faden und jeder Moment zählt.

Jeder Elefant ist anders, so wie auch alle Menschen verschieden sind, und jedes Individuum, egal welcher (Tier-)Art, hat ein Recht auf Mitgefühl – ganz besonders von der Behörde, die zu ihrem Schutz und ihre Erhaltung für künftigen Generationen ins Amt berufen wurde.

Kudup“ war von Anfang an verrückt nach schlammigem Wasser, sie warf sich in jede Pfütze und saugte so viel Dreckbrühe auf, wie sie nur konnte. Das war der Erholung ihres gestressten Magens natürlich nicht sehr zuträglich! Es schien, als ob sie noch nie zuvor Wasser gesehen hatte, was natürlich der Fall sein könnte, denn die Region Laikipia hat gerade eine sehr strenge Trockenzeit durchgemacht. Obwohl sie aus einem Brunnen gerettet wurde, glauben wir, dass er trocken lag.

Der verletzte Baby-Bulle wurde von der Landebahn in Kilaguni im Tsavo-West-Nationalpark in die Nursery geflogen, nachdem der Trust durch den KWS-Mitarbeiter in der Kilaguni Lodge benachrichtigt worden war. Obwohl er bereits ein halbes Jahr alt war, schien er erstaunlicherweise glücklich über seine Rettung und wurde überhaupt nicht aggressiv- im Gegenteil, gierig nach Milch saugte er unaufhörlich an den Fingern der Keeper. Er kam kurz nach Einbruch der Dunkelheit am 22. Mai in der Nursery an, und im Licht einer Taschenlampe wurden seine Wunden gereinigt und er bekam Flüssigkeit zur Rehydrierung und Milch gefüttert, bevor er im abgeteilten Stall neben Tassia untergebracht wurde.

Wir machten uns große Sorgen, als Dida, eines der älteren Babys in der Nursery, plötzlich völlig teilnahmslos wurde, nichts mehr fressen wollten und zudem noch Blutspuren im Urin entdeckt wurden. Nach einer langen Behandlung mit dem Antibiotikum Nuroclav (einer Kombination aus dem Breitspektrumpenicillin Amoxicillin und Clavulansäure, die bestimmte Resistenzen inaktiviert) und alternativen Heilmitteln ging es ihr allerdings wieder besser. Dida war lange Zeit ein Sorgenkind und hat offenbar schon länger mit einer Niereninfektion gekämpft. Am Monatsende war sie allerdings schon wieder fit. Danach bemerkten wir bei Kibo, einem der Waisen, die in einen Brunnen gefallen waren, Ausfluss aus dem Rüssel. Solche Anzeichen nehmen wir sehr ernst, weil sie oft Vorboten einer Lungenentzündung sind. Da er schon einmal mit Nuroclav behandelt wurde, bekam er für drei Tage ein anderes Antibiotikum. Sein Rüssel ist immer noch ein bisschen feucht, aber er scheint sich besser zu fühlen und nimmt auch wieder an Gewicht zu. Wir hoffen, dass sein Immunsystem inzwischen stark genug ist, eine Atemwegsinfektion selbst zu bewältigen, aber bis zum 3. Geburtstag eines Baby-Elefanten können auch die kleinsten Erkrankungen kritisch bis tödlich verlaufen – das haben wir in der Vergangenheit leider lernen müssen.

Tassia & Mawenzi

Die Unterbringung von 18 Elefantenwaisen erforderte einige Logistik: die Ställe wurden vorübergehend mit Holzpfählen abgeteilt, so dass doppelt so viele Babys darin Platz fanden. In Reserve haben wir noch den großen Stall, der bis vor Kurzem mit Lesanju, Lempaute und Sinya besetzt war. Es kann aber auch sein, dass wir kurzfristig noch ein paar Unterkünfte bauen müssen, wenn die Zahl der Neuankömmlinge weiter ansteigt.

Kenia und Dida sind nach dem Umzug von Lesanju, Sinya und Lempaute jetzt die hauptverantwortlichen Mini-Leitkühe in der Nursery. Da die Gruppe inzwischen so groß geworden ist, mit so vielen Winzlingen, die sich nicht immer benehmen, wurde der Übersicht halber entschieden, die Gruppe in zwei aufzuteilen. Kenia und Dida waren nun die Anführer der Älteren, also Kilaguni, Kimana, Taveta, Shira, Tassia, Ndii, Mawenzi und Bhaawa (der besonders an Kenia hängt). Die kleineren Babys wie Sabachi, Kibo, Isiolo, Nchan, Olkeju, Kudup und Kalama blieben in der Obhut von Suguta, die selbst erst im zarten Alter von einem Jahr ist. Allerdings hat sie schon jetzt das Talent und die Ambitionen, später eine sehr kompetente und liebevolle Mini-Matriarchin zu werden.

Alle Neuankömmlinge hatten sich bis zum Monatsende gut eingelebt und erholt. Nur der kleine Olkeju ist noch sehr abgemagert; sein Gesicht ist völlig eingefallen und seine Wangenknochen stehen weit hervor. Nchan, Isiolo und Bhaawa haben gut zugenommen, und auch Tassia und Shira wachsen und gedeihen. Kilagunis Verletzungen (von der Hyäne) verheilen, sein Magen hat sich nach dem turbulenten Auftakt beruhigt, und er frisst gut, so dass wir denken, dass er über den Berg ist. Shiras Rücken heilt ebenfalls gut, und die abgestorbenen Hautreste schälen sich unter der nachwachsenden Gewebeschicht langsam ab. Die schweren Schürfwunden hatte sie sich beim Fall in einen Brunnen aus Sepiolith-Gestein am Fuße des Mt. Kilimandscharo zugezogen. Kudup ist bereits sehr gut erzogen und kommt immer sofort, wenn man sie ruft.

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: Mai 2009

Für Lesanju, Lempaute, Shimba, Wasessa, Siria, Sinya und Mzima, die jetzt in Voi leben, war es ein sehr aufregender Monat. Wasessa, die schon älter als die anderen war, als sie verwaiste, und die obendrein noch aus dieser Region stammt, ist am neugierigsten auf die wilden Herden. Ohne zu Zögern stürmt sie auf die wilden Artgenossen zu, um sie zu grüßen, während die anderen sich noch ein wenig in Zurückhaltung üben. Am 5. Mai, beim Weiden im Busch, trafen die Waisen auf eine wilde Herde und Wasessa verbrachte viel Zeit mit dem Kälbchen der Gruppe. Das versuchte sogar, an ihrem Ohr zu saugen – eine sehr vertraute Geste. Es ist sogar möglich, dass Wasessa diese wilde Gruppe von früher kennt. Dank ihrer Ausgelassenheit fassten sich auch die anderen Voi-Waisen ein Herz, ließen ihre Keeper zurück und beobachteten das Geschehen – allerdings nur aus sicherem Sicherheitsabstand. Lesanju hatte irgendwann genug und kehrte zu den Keepern zurück, gefolgt von allen anderen außer Wasessa, die lieber bei ihren wilden Freunden blieb. Sie schien sich in der wilden Gruppe so wohl zu fühlen, dass die Keeper schon Angst hatten, sie würde schon jetzt für immer bei ihnen bleiben.

 Mzima mud bathing (4)

Die Keeper begleiteten den Rest der Waisen-Gruppe zur Mittags-Milchmahlzeit und danach zum Schlammbad, und als sie dort ankamen, war Wasessa zur Freude von allen mit ihren wilden Freunden bereits dort und alle schienen sich wunderbar zu amüsieren. Als die wilde Herde schließlich abrückte, erinnerte sich Wasessa nun doch an ihre Keeper und holte sich ihre Milchration ab. Den Nachmittag verbrachte sie dann mit ihrer Waisengruppe beim Fressen, bis es abends Zeit war, zum Nachtlager zurückzugehen.

Nicht nur einmal kamen in diesem Monat wilde Elefanten zum Saufen an die Stalltränke. Am späten Nachmittag des 8. Mai wurden sie von den Waisen entdeckt, die alle ihre Rüssel in die Luft hoben und die wilden Artgenossen in der Nähe der Ställe witterten. Wasessa rannte wieder auf und davon um die Herde zu begrüßen, kam dann aber zurück, um mit den anderen ihre Milch zu trinken. Nur ein paar Tage später, am 14. Mai, als die Waisen bereits ihre Schlafplätze eingenommen hatten, kam eine andere wilde Gruppe, und alle grüßten sich mit Kollern und Trompeten – Mzima schrie sogar vor Aufregung!

Mzima milk feeding

Der 11. Mai war ein ganz besonderer Tag, denn spät am Abend, nach langer Zeit in der wilden Elefantengemeinschaft Tsavos , kam Natumi mit ihrer Gruppe ins Voi-Camp zurück. Das letzte Mal wurden sie im Mai 2008 gesehen, also vor einem ganzen Jahr! Offenbar freuten sie sich über die Neuzugänge in ihren alten Ställen. Solango stürmte herbei, um sie zu begrüßen, aber die Jüngsten hatten weitaus wichtigere Dinge im Kopf – nämlich ihre Milch!

Natumis Gruppe kam auch am nächsten Tag wieder, als die Jüngeren schon auf dem Weg in den Busch waren. Den diensthabenden Keepern fiel auf, dass Natumi und Lolokwe sich nicht sehr wohl zu fühlen schienen, und sie entdeckten auffällige Schwellungen an ihren Körpern. Der Tierarzt wurde hinzugeholt, die beiden Ex-Waisen wurden sediert und dann konnten die Schwellungen in Ruhe untersucht werden. Offensichtlich handelte es sich um Pfeilspitzen. Eine befand sich an Natumis Hüfte, die andere an ihrer Hüfte. Lolokwe hatte eine im Gesäßmuskel. Die Pfeilspitzen waren zum Glück nicht mit Akokanthera-Gift eingeschmiert und wurden entfernt, die Wunden gereinigt und versorgt. Anschließend wurden die beiden Waisen mit einem Antidot wieder aufgeweckt und trotteten wenig später wieder zum Rest ihrer Gruppe, die schon auf sie wartete.

Orphns taking a bathe (46)

Es soll betont werden, dass das Problem unserer ausgewilderten Ex-Waisen gegenwärtig die gesamte Elefantenpopulation betrifft, der sie inzwischen angehören. Die Tsavo-Population ist von Volksstämmen umgeben, die ihnen überhaupt nicht freundlich gesonnen sind und ihre traditionellen Wanderrouten besiedelt haben. Unsere Waisen haben zumindest die Möglichkeit, zu uns zurückzukehren, wann immer sie mögen oder sie Hilfe brauchen. Ihre wilden Artgenossen dagegen haben leider nicht so viel Glück und bekommen die Feindseligkeit der Menschen fast täglich zu spüren. Mal sind es vergiftete Pfeilspitzen, ein anderes Mal sind es Schlingfallen. Den zuständigen Behörden scheint allerdings in keinster Weise bewusst zu sein, welche Ausmaße die Jagd auf Kenias unersetzliches Naturerbe angenommen hat. Zumindest zieht man es vor, zu schweigen und die schlechten Nachrichten vor der Öffentlichkeit zu verbergen.

Natumi kam am 16. Mai sehr früh morgens mit ihrer Gruppe an die Stallung und begrüßte die Waisen, als sie aus ihren Nachtlagern kamen. Überall hörte man glückseliges Kollern, Trompeten und Schreie als Wasessa herbei stürmte, um alle willkommen zu heißen. Lesanju, Lempaute, Shimba, Siria und Mzima hingegen hielten sich eher zurück, stimmten schließlich aber doch in den fröhlichen Reigen ein. Die ganze Gruppe spielte für eine Weile auf dem Stallgelände, bis die Keeper die Jüngsten zusammenriefen, weil es Zeit war, zum Fressen in den Park zu starten. Natumis Gruppe begleitete die Babys bis zum Spring Gate und machte sich anschließend auf den Rückweg nach Mazinga Hill. Die Jüngsten waren zu diesem Zeitpunkt so aufgeregt und rannten den Hügel hinunter, dass sie gar nicht bemerkten, wie sich Natumis Gruppe abseilte.

Wasesa scratching (1)

Am 17. Mai, während einer Routinepatrouille in ihrem kleinen Suzuki und auf der Suche nach Natumis Gruppe, stießen die Keeper überraschend auf Emily und all die anderen Waisen (inklusive Natumis Gruppe) zwischen vielen wilden Herden. Sie alle grasten auf der Ngutuni Ranch, wo die Vegetation noch sehr üppig ist. (Diese Ranch scheint bei unseren Ex-Waisen und den wilden Elefanten sehr beliebt zu sein.) Emily paarte sich gerade mit einem riesigen wilden Bullen. Der wiederum protestierte lautstark gegen die Anwesenheit des Suzukis, als die Keeper etwas näher an die Gruppe fuhren, um Emilys Baby Eve zu finden. Als sie sich mit dem Auto durch das Dickicht kämpften, sahen sie Edie, die ebenfalls ein neugeborenes Elefantenmädchen bei sich hatte (wir nannten sie „Ella“ und offenbar ist sie Anfang Mai geboren). Edie ist mit erst 10 Jahren eine sehr junge Mutter – so wie damals Malaika, die während der Geburt gestorben ist, weil ihr Kalb einfach zu groß für sie war. Mweya kümmerte sich rührend um Edies Baby, streichelte es mit ihrem Rüssel und folgte ihm auf Schritt und Tritt. Offenbar ist sie das oberste Kindermädchen der kleinen Ella. Baby „Eve“ war auch ganz in der Nähe und wurde von Sweet Sally und Vita beaufsichtigt, während Emily anderweitig beschäftigt war. Alle Waisen freuten sich, ihre Keeper wiederzusehen und umringten sie neugierig, während sich ihre wilden Freunde zurückzogen.

Später, als wir die Fotos der Waisen genauer betrachteten, fiel uns auf, das Laikipia (inzwischen 10 Jahre alt), eine Schwellung an seinem Bein hatte, die aussah, als rührte sie von einer Drahtschlinge. Unsere tiermedizinische Einheit begleitete die Keeper am nächsten Tag und fand die Waisen in Ngutuni zwischen vielen wilden Elefanten. Es gelang ihnen, Laikipia ausfindig zu machen und sein Bein zu untersuchen. Offenbar hatte sich eine Schlingfalle darum gewickelt, die sich aber von selbst wieder gelöst haben muss und nur eine Druckstelle hinterlassen hat.

Am 22. Mai, auf einem anderen Streifgang, trafen die Keeper auf Lissa und ihre drei Kälbchen Lara, Lali und Lugard. Mit von der Partie waren auch Mpenzi, ihr in der Wildnis geborenes Baby „Asante“ und Uaso. Auch sie waren mit einer wilden Herde unterwegs. Lugard hatte einen Sonnenbrand am Ohr, aber ansonsten machten alle einen glücklichen Eindruck und Mpenzis Baby spielte mit einem gleichaltrigen wilden Artgenossen.

Die sieben Neuzugänge in Voi haben sich also gut eingelebt und werden von Wasessa, die außerordentlich aufgeschlossen ist, immer wieder mit wilden Herden in Kontakt gebracht. Siria und Mzima könnten sich möglicherweise wie Wasessa noch an ihre frühe Kindheit in der Wildnis erinnern. Lesanju, Lempaute und Shimba haben ihre Familien allerdings schon sehr früh verloren und sind wahrscheinlich deshalb noch ein wenig unsicher im Umgang mit den riesigen, wilden Fremden! Aber trotzdem scheinen sie Wasessas Wink inzwischen zu verstehen und kommen immer häufiger mit wilden Elefanten in Kontakt.

In diesem Monat kamen einige wilde Herden zum Saufen an die Voi-Ställe, meistens erst am Abend, wenn die Waisen bereits im Stall waren. Eine Gruppe kam am 28. Mai, blieb lange Zeit und schien sich mit unseren Waisen zu „unterhalten“. Jedenfalls ließen sie sich überhaupt nicht von den Keepern stören, die sich ganz in der Nähe aufhielten.

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: Mai 2009

Das Ithumba-Tagebuch ist in diesem Monat besonders interessant. Alle Waisen, die inzwischen ohne die Keeper auskommen, wandern jetzt immer in zwei Gruppen, eine wird von Wendi angeführt und die andere von Yatta. Trotzdem wechseln die einzelnen Mitglieder immer wieder die Lager; offenbar sehen sich die Waisen alle als große „Familie“ und bleiben immer in Verbindung, egal wo sie sich aufhalten. Einige Male waren sie auch gemeinsam unterwegs, während die Keeper mit den jüngeren Waisen abends zu den Stallungen heimkehrten. Dann werden sie entweder von Wendis oder Yattas Gruppe oder sogar von allen begleiten, nicht selten sind auch wilde Elefanten mit von der Partie. Sobald sich die Kleinsten dann in ihren Nachtlagern eingerichtet haben, machen sich die Älteren wieder auf den Weg. Wir empfehlen allen Paten, in diesem Monat die Tagebuchaufzeichnungen aus Ithumba zu lesen. Sie zeigen sehr anschaulich, wie die Elefanten miteinander kommunizieren, wie sie füreinander Verantwortung übernehmen, sich umeinander kümmern und wie klug sie sind. Außerdem illustrieren sie die besondere Beziehung, die die Ithumba-Waisen sowohl miteinander als auch mit ihren Keepern haben.

challa plays in water (1)

Yattas Gruppe hatte in diesem Monat einen Neuzugang, der mittlerweile fester Bestandteil der Herde ist und sich von den Keepern kaum noch beeindrucken lässt. Er war in diesem Monat jeden Tag mit unseren Ex-Waisen zusammen und hat die Gruppe auch des Öfteren angeführt. Der wilde Neuling ist ein halbwüchsiger Bulle und etwa in der gleichen Größe wie Napasha (ca. 7 Jahre alt). Es ist gut möglich, dass er selbst auch ein Waise ist und sich daher unserem Trupp angeschlossen hat. Meistens ist er mit Yatta unterwegs, einmal sahen wir ihn allerdings auch mit Wendis Gruppe. Inzwischen haben ihn die Keeper schon als vollwertiges Mitglied unserer Herde Waisen anerkannt.

Wendi wurde offensichtlich zur Leitkuh von Yattas Splittergruppe ernannt, der vor allem die Jüngeren angehören. Sie wurde vom Tag ihrer Geburt an mit der Hand aufgezogen, denn als sie bei uns ankam, war sie buchstäblich noch mit Mutterkuchen verschmiert. Ihr Leben konnte nur durch eine Infusion mit Elefanten-Blutplasma gerettet werden, das ihr zumindest eine Grundimmunität verschaffte, nachdem sie keine Kolostralmilch bekommen hatte. Wendi hält zu den jüngsten Waisen, die nach wie vor ihre Keeper brauchen, engen Kontakt. Bis auf wenige Ausnahmen, hat ihre Gruppe entweder schon früh morgens vor den Ställen gewartet oder man traf sich später beim Grasen im Busch und verbrachte den ganzen Tag zusammen, beim Schlammbad bis zum Heimweg am Abend. Manchmal führt Wendi die Kleinen auch zu Yattas Gruppe der Älteren, die irgendwo im Busch mit Fressen beschäftigt sind oder sich am Imenti-Wasserloch aufhalten, einem der Lieblingsplätze unserer Waisen und der wilden Elefanten, wo sich unsere Waisen oft mit wilden Artgenossen treffen. Aber ebenso wie Wendi, kümmert sich auch Yatta um die Jüngsten. In der ersten Hälfte dieses Monats waren sie und ihre Gruppe allerdings verschwunden und verbrachten ihre Zeit wohl lieber mit ihren wilden Freunden. Wenn die Keeper wilde Elefanten bei Yattas Gruppe sehen, und das kommt oft vor und meist sind es Bullen, dann halten sie sicheren Abstand zur Herde. Auch Wendis Gruppe wird manchmal von wilden Elefanten begleitet, so dass wir also sicher sein können, dass unsere Waisen inzwischen vollständig in die wilde Elefantengemeinschaft im Norden integriert sind.

ndomot soil bathing

“Ständige Mitglieder“ in Wendis Splittergruppe sind Sunyei, Ndomot, Madiba, Napasha, Tomboi und Galana. Manchmal sind aber auch Waisen aus Yattas Gruppe mit dabei. In diesem Monat verbrachten Nasalot und Taita einen ganzen Tag mit ihnen und kehrten erst abends zu Yatta zurück, nachdem sie die Jüngeren an den Stallungen abgeliefert hatten. Ein anderes Mal waren es Kinna und Selengai. Es ist ganz offensichtlich, dass alle Waisen untereinander immer in Kontakt stehen und immer genau wissen, wer sich wo aufhält.

Die Stallungen werden von allen als Hauptanlaufstelle betrachtet – ein Ort, an dem sie sich sicher fühlen und an den sie sich zurückziehen können, wenn sie vor der Hektik in der Herde für einen oder zwei Tage ein bisschen Ruhe suchen.

Ein ganz typisches Beispiel ist Ol Malo, Yattas Lieblingsbaby und buchstäblich ihr Schatten, die körperlich nie so robust war wie alle anderen in der Gruppe der Älteren. Offensichtlich waren ihr die Strecken zu weit und zu anstrengend, die die Gruppe in diesem Monat zurückgelegt hatte, und so tauchte sie am Morgen des 26. Mai an den Stallungen auf. Nachdem sie den ganzen Tag mit den Kleinen und ihren Keepern verbracht hatte, folgte sie Challa, um ihm Gesellschaft zu leisten. Während die anderen sich zum Grasen nach Ithumba Hill aufmachten, zog sich Challa langsam in Richtung Stallgelände zurück. Als die Gruppe abends heimkam, gesellte er sich aber wieder zu ihnen. Ol Malo allerdings zog es vor, draußen auf dem Gelände zu bleiben. Sie wich Wendis Gruppe, die ein wenig später ankam, nicht mehr von der Seite, und Yatta, die später ebenfalls noch kam, schon gar nicht. Als sich die Älteren sich gegen 22 Uhr wieder auf dem Weg in den Busch machten, blieb sie jedoch, und die Keeper drängten sie in den Stall, damit sie vor den Löwen sicher war. Warum sie tagsüber bei Challa bleiben wollte, ist ein Rätsel, denn schließlich ist er ein sehr gesunder junger Bulle und mit Sicherheit kein Schwächling, der Hilfe brauchte. Er und Rapsu sind dicke Freunde und seilen sich manchmal von der jüngeren Gruppe ab, um mit den Älteren mit zu wandern. Manchmal verbringen sie sogar die Nächte auswärts.

Sunyei (ebenfalls in Wendis Gruppe) hat sich in diesem Monat auch etwas Zeit für sich genommen. Am 18. Mai kam sie allein zu den Stallungen und blieb tagsüber zum Fressen ganz in der Nähe. Sie traf später auf die Jüngsten, die auf ihrem Weg nach draußen waren, und machte sich später auf dem Weg zu Yattas Gruppe. Die war offensichtlich gerade auf dem Weg zum Saufen ins Stallgelände, denn Sunyei kam wenig später mit ihnen zurück. Abends schloss sie sich Wendis Trupp wieder an.

Die Leitkühe erlauben es ihren Schützlingen offenbar, zwischen den Gruppen hin- und herzupendeln, anderenfalls wären sie die ganze Zeit mit Suchen beschäftigt, so wie es in der Vergangenheit der Fall war! Wir glauben, dass die Waisen nur ganz langsam lernen, den Infraschall zur Kommunikation einzusetzen, und dass das am besten in der Wildnis funktioniert. Jetzt, da die älteren Waisen schon ein wenig Wildnis-Erfahrung haben, können sie mit ihren Leitkühen immer in Verbindung bleiben, wenn sie einmal eigene Wege gehen wollen. Am 17. Mai verbrachten Sunyei und Madiba den Morgen mit den Kleinen im Busch, und nach dem Schlammbad am Mittag kam nachmittags auch Yatta mit ihrer Gruppe ans Imenti-Wasserloch. Vorher hatte man sie ganz zwei Wochen nicht gesehen. Wendi und ihr Gefolge waren zu unserer Überraschung auch in Yattas Gruppe, ganz offenbar haben sie sich auf dem Weg zum Wasserloch getroffen.

Da sich Wendi mit ihrer Gruppe gemeinsam mit den Keepern jetzt um die Kleinsten kümmert, bleibt Yattas Herde mehr Zeit, um weiter entlegene Regionen zu erkunden und den Kontakt zu wilden Elefanten zu pflegen. Zu Beginn des Monats Mai waren Yatta und ihre Gruppe wie vom Erdboden verschwunden. Als in der zweiten Monatshälfte die natürlichen Wasserlöcher wieder austrockneten, kamen sie aber zurück, hauptsächlich zum Saufen in den Stallungen, aber auch, um die Jüngeren zu besuchen. Mit ihnen und der Trockenheit kamen auch wieder mehr wilde Elefanten zum Saufen ans Imenti-Bohrloch, und diese Besuche werden in den nächsten Wochen mit Sicherheit noch weiter zunehmen. Der Trust versucht inzwischen, eine Genehmigung für die Bohrung eines Reserve-Wasserloches zu bekommen, denn das Imenti-Bohrloch sichert auch die Trinkwasserversorgung unserer Mitarbeiter und der des KWS im Ithumba-Hauptquartiers. Der Trust verwaltet nämlich nicht nur die Wasserversorgung aller Vierbeiner, sondern auch aller Zweibeiner in Ithumba.

Es passierte in diesem Monat einmal, dass sich ein paar der Kleinsten am Imenti-Wasserloch von der Gruppe stahlen und die Umgebung auf eigene Faust erkundeten. Als es abends Zeit war, den Heimweg anzutreten, kamen sie auf Rufen der Keeper aber wieder zur Gruppe zurück. Ein paar andere wollten eines Tages bei Yattas Gruppe bleiben. Die brachte die Nachtschwärmer nach 22 Uhr allerdings persönlich in die Ställe zurück, und nachdem sie überzeugt war, dass die Kleinen in Sicherheit waren, machte sie sich auf den Rückweg. Am 22. Mai hatten es die Waisen am Morgen sehr eilig, ihre Nachtlager zu verlassen. Sie machten nicht einmal Halt zum Saufen, was sehr ungewöhnlich war, sondern liefen direkt zum Imenti-Wasserloch. Dort warteten sowohl Wendis als auch Yattas Gruppe bereits auf sie. Da es sehr ungewöhnlich ist, dass sie so überstürzt die Ställe verlassen, gehen wir davon aus, dass sie von den älteren Elefanten vorher per Infraschall gerufen wurden. An diesem Tag grasten alle zusammen bis zum Abend, als zusätzlich noch vier wilde Bullen hinzukamen, die sie später auch nach Hause zurück begleiteten. Die Keeper hielten natürlich genügend Abstand zur Herde.

Das hiesige kleine Rudel Wildhunde kam in diesem Monat zwei Mal zum Saufen an die Stalltränke, einmal waren es vier und das zweite Mal drei von ihnen.