Amboseli News: August und September 2024

Enid
  • August und September brachten kühleres und trockeneres Wetter nach Amboseli. Im September ist es zudem oft sehr windig und die Luft voller feinem Staub, der überall eindringt. Doch wenn es auch manchmal etwas trostlos aussieht, so sind diese Monate doch ein Teil des natürlichen Zyklus der Jahreszeiten in Amboseli. Und durch die zu Jahresbeginn ergiebigen Regenfälle befand sich auch jetzt die Vegetation noch immer in einem guten Zustand, so dass die Wildtiere genügend Ressourcen hatten, um zurecht zu kommen. Viele Gnus und Zebras kehrten in den Park zurück, da die Vegetation außerhalb des Parks nun allmählich knapper wurde. Auch die Elefanten kehrten in großer Zahl zurück und schlossen sich jenen an, die während der Regenzeit im Park geblieben waren. So begegnete das ATE-Team häufig Familien wie den AAs, EBs, FBs, GBs, KAs, LCs und PCs. Oft schlossen sich diese in großen Verbänden zusammen. Die GBs wurden mehrfach in solchen Versammlungen entdeckt. Diese Zusammenschlüsse zeigen besonders deutlich, wie sozial Elefanten veranlagt sind. Sie entwickeln komplexe Netzwerke aus Beziehungen, die weit über die eigene Familie hinausreichen.
Lynx mit einem Teil der LA1-Familie
Lynx mit einem Teil der LA1-Familie
Phoenix besitzt einen besonders ungewöhnlichen Stoßzahn
Phoenix besitzt einen besonders ungewöhnlichen Stoßzahn

Die vielen Elefantenkühe, die jetzt im Park anzutreffen waren, lockten auch viele Bullen an, die nach paarungsbereiten Kühen Ausschau hielten. Isaiah und Toby II waren zwei von ihnen, welche das ATE-Team gut kennt. Die vielen Elefanten, denen das ATE-Feldteam nun begegnete, sorgten auch für viel Beschäftigung. Norah, Katito und ihre Kolleginnen nutzten die günstige Gelegenheit, um die demografischen Daten auf den neuesten Stand zu bringen. Die Überwachung der Elefanten gehört seit über 50 Jahren zur Routine der Forscherinnen, aber sie ist nach wie vor eine anspruchsvolle Aufgabe. Da die Kälber wachsen und dabei ihr Aussehen verändern, müssen die ID-Fotos laufend aktualisiert werden, vor allem bei den männlichen Tieren, um sicherzustellen, dass man sie auch  weiter identifizieren kann, wenn sie unabhängig werden

Isaiah
Isaiah

 

Toby II
Toby II

In den letzten Jahren hatten Cynthia Moss und ihr Team ein Forschungsprojekt über junge Bullen und ihren Weg in die Unabhängigkeit durchgeführt. Die Studie brachte neue und interessante Einblicke in das Leben junger männlicher Elefanten und hat die Schutzstrategien des ATE weiter vorangetrieben. Junge Bullen wandern über riesige Entfernungen, dringen zu neuen Populationen vor und gehen dabei viel größere Risiken ein als Kühe oder ältere Bullen. Die Ergebnisse der Studie haben auch dazu beigetragen, bestimmte Gebiete als Korridore für Elefanten zu sichern, damit sie weiterhin in der Lage sind ihre Wanderungen durchzuführen.

Das Feldforschungsteam des ATE stützt sich vor allem auf zwei sehr erfahrene Frauen, Norah und Katito, die absolute Expertinnen auf ihrem Gebiet sind. Inzwischen engagieren sie sich auch dabei, der nächsten Generation von Kenianern ihre Fähigkeiten beizubringen, damit diese Arbeit noch lange fortgesetzt werden kann.

Cecilia und Norah
Cecilia, eine Praktikantin beim ATE, und Norah

So hatte der ATE in den letzten Monaten einer jungen Praktikantin Einblicke in die Arbeit der Feldforschung ermöglicht, in der Hoffnung, sie für die Mitarbeit und Fortführung dieses Projekts zu interessieren. Sie heißt Cecilia Parsae und ist eine Frau aus der lokalen Massai-Gemeinde. Grundvoraussetzung für die Arbeit in der Feldforschung ist es zu lernen, wie man die Elefanten identifiziert. Hierfür benötigt man etwa ein Jahr konsequenter Arbeit vor Ort, so dass Hingabe und Leidenschaft für die Elefanten eine notwendige Voraussetzung sind. Cecilia ist jetzt noch kein festes Mitglied des Teams, aber sie wird es hoffentlich in den kommenden Monaten werden. Bis jetzt genießt sie ihre Zeit in Amboseli und lernt so viel wie möglich über Elefanten und die Arbeit mit ihnen.

Norah mit ihren Schülern
Norah (2. von links) mit ihren Schülern: Cecilia Parsae (links), Dr. Anna Estes (2. von rechts) und John Makindi (rechts)

ATE vermittelt seine Kenntnisse auch anderen Organisationen. So führte Norah im September eine  Schulung für zwei Mitglieder des Greater Serengeti Elephant and Ecosystem Project durch.  John Makindi und Dr. Anna Estes wurden in den Bereichen Altersbestimmung und Geschlechtsbestimmung im Feld, schnelle Altersbestimmung und Gruppendynamik geschult. Zu ihnen gesellte sich auch Cecilia, die dabei ihre Fähigkeit, Elefanten zu identifizieren, erweiterte und noch mehr über ihr Verhalten und ihre Biologie lernte.

Cecilia lernt das Alter eines verstorbenen Elefanten anhand seines Kiefers zu bestimmen
Cecilia lernt, das Alter eines verstorbenen Elefanten anhand seines Kiefers zu bestimmen

Die AAs wurden besonders oft gesehen, und es geht allen gut. Arden und Airstreams neue Kälber entwickeln sich hervorragend und sind gute Freunde geworden. Ende August erhielt das Team des ATE den Anruf eines Tour-Guides, der berichtete, dass er eine Elefanten-Geburt knapp verpasst hatte. Er schickte aber ein Foto des frisch geborenen Kalbes und seiner Mutter, welche das Team sofort als Anghared erkannte, die ein männliches Kalb zur Welt gebracht hatte. Die AA-Familie hat dieses Jahr bereits mehrere neue Familienmitglieder bekommen und scheint sich langsam von den Verlusten zu erholen, die sie während der letzten Dürre erlitten hatte. Wir freuen uns sehr über die neuen Familienmitglieder und hoffen, dass sie sich weiter so positiv entwickeln werden.

Auch die EBs wurden in den letzten Monaten regelmäßig gesehen, und alle Familienmitglieder scheinen gesund zu sein. Das ATE-Team geht davon aus, dass mehrere Kühe Nachwuchs erwarten. Allerdings ist bis jetzt noch keines zur Welt gekommen. Es ist also noch etwas Geduld gefragt.

Elif versucht einen Geruch zu identifizieren
Elif von den EBs versucht, einen Geruch zu identifizieren

Enid, die Matriarchin, scheint sich von ihrer schlechten körperlichen Verfassung erholt zu haben, und ihr Verhalten, das auf Krankheit oder Depressionen (oder beides!) hindeutete, hat sich deutlich geändert. Nach dem Verlust ihres Kalbes und während der jüngsten Dürre war sie nicht mehr sie selbst gewesen, zog sich oft zurück und verlor etwas an Kondition. Ihre Tochter Elise blieb aber immer an ihrer Seite. Die Bindung zwischen den beiden ist sehr stark, was typisch für Mutter-Tochter-Beziehungen bei Elefanten ist.

Enid
Enid, die Matriarchin der EB-Familie

Eliot sah ebenfalls sehr gut aus, und ihr Kalb erwies sich als wahnsinnig kontaktfreudig und verspielt. Bei einer Gelegenheit beschloss Eliots Kalb, mit dem ATE-Forschungsfahrzeug zu spielen, indem es auf dieses zurannte, einen Angriff vortäuschte, sich spielerisch drehte und laut trompetete. Eliot und die anderen älteren Kühe hielten sie nicht zurück und versuchten auch nicht, das Spiel zu beenden. Ein schöner Beleg für das Vertrauen, das zwischen ihnen und dem ATE-Team herrscht.

Eliots verspieltes Baby
Eliots verspieltes Baby

Sowohl Enids als auch Edwinas Teil der Familie kommen regelmäßig in das ATE-Camp und wecken das Team manchmal in der Nacht auf, da sie ganz in der Nähe der Zelte weiden. Alle aus dem Team lieben es, wenn die EBs im Camp sind, auch wenn dadurch die eine oder andere Ruhestörung verursacht wird! Außerdem: Wie könnte man besser wieder einschlafen als mit der Gewissheit, dass Elefanten das Zelt umgeben und bewachen?

Eliot in der Nähe des ATE-Camps
Eliot in der Nähe des ATE-Camps

August und September waren also sehr angenehme Monate für die Elefanten in Amboseli, und das Team des ATE freute sich mit ihnen über die guten Bedingungen. Nur ein Problem bereitete dem ATE-Team noch immer Sorgen: Die Trophäenjagd im benachbarten Norden Tansanias. Diese war letztes Jahr nach fast 30-jähriger Pause wieder genehmigt worden und bedroht auch einen Teil der Elefanten Amboselis, vor allem die großen Bullen, wenn diese auf ihren regelmäßigen Wanderungen die Grenze zu Tansania  überqueren. Trotz allen Einsatzes des ATE und anderer NGOs, die tansanische Regierung zu einem erneuten Jagdverbot zu bewegen, kann leider noch von keinem Erfolg berichtet werden.

Allerdings hätten im Juli eigentlich die neuen Jagdquoten bekanntgegeben werden sollen, was aber bis jetzt noch nicht erfolgt ist. Außerdem gibt es Informationen, wonach die kenianische und tansanische Regierung endlich Gespräche aufgenommen haben, um für dieses Thema eine Lösung zu finden. Das lässt hoffen, dass die Gefahr durch Trophäenjagd für die Elefanten Amboselis doch wieder beendet werden kann.

Cynthia Moss und ihr Team werden weiter alles in ihrer Macht stehende tun, um dieses Ziel zu erreichen.  Wer sie dabei unterstützen möchte, kann ihre Petition unterzeichnen, mit der sie die tansanische Regierung auffordern, die Trophäenjagd im Norden des Landes wieder zu beenden. Hier der Link zur Petitionsseite:

bit.ly/Amboseli-Elephants-No-Trophy

Außerdem wäre es sehr hilfreich, Appelle an die Botschaften Kenias und Tansanias zu senden, und diese ebenfalls aufzufordern, sich für eine Beendigung der Jagd auf Elefanten in Nord-Tansania einzusetzen. Wir haben hierfür zwei Musterbriefe vorbereitet, jeweils in Deutsch und Englisch, sowie eine Liste der Adressen der Botschaften in Deutschland, Österreich und Schweiz. Hier die Links zu diesen Seiten:

bit.ly/Appell_Botschaft_Tansania

bit.ly/Appell_Botschaft_Kenia

bit.ly/Adressen_Botschaften_Tansania_Kenia

Ganz herzlichen Dank für jedes Engagement, auch im Namen der Elefanten Amboselis sowie von Cynthia Moss und ihrem gesamten Team!

 

 

(Alle Fotos © Amboseli Trust for Elephants)

Amboseli News: Dezember 2023 und Januar 2024

Angelina und ihr neues Baby

Dezember 2023 und Januar 2024 waren für alle in Amboseli eine glückliche Zeit. Dank äußerst reicher Regenfälle hatten die Elefanten geradezu ein Überangebot an frischer, grüner Vegetation. Im Dezember wurden 47,5 mm und im Januar beeindruckende 261 mm Niederschlag gemessen. Damit lagen diese zwei Monate bereits weit über dem Jahresdurchschnitt. Der Park und die umliegende Landschaft waren wie verwandelt, und die Elefanten konnten die guten Zeiten genießen. Viele von ihnen versammelten sich in den offenen Grasebenen, die den Park umschließen. Manchmal waren Hunderte von Elefanten zusammen! Dank des reichen Nahrungsangebots erholten sie sich schnell, und die meisten von ihnen befanden sich bereits Ende Januar wieder in bester körperlicher Verfassung.

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Amboseli News: Oktober und November 2023

Angelina, eine erfahrene Anführerin aus der AA-Familie

Die Monate Oktober und November brachten Amboseli den Beginn einer neuen Regenzeit. Im Oktober hielten sich die Niederschläge zwar noch sehr in Grenzen – es waren gerade einmal 2 ml Niederschlag im gesamten Monat gefallen -,  doch im November gab es dann tatsächlich endlich ergiebige Regenfälle. Die teils heftigen Niederschläge brachten eine große Erleichterung für das Land und seine Bewohner mit sich. Innerhalb des Parks, im Camp des Amboseli Trust for Elephants (ATE), wurden insgesamt 193,5 ml gemessen, und außerhalb regnete es noch weit mehr. In den Chyulu Hills fielen beispielsweise über 500 ml Regen. Einige Gebiete wie Mbirikani wurden komplett überschwemmt, und andernorts waren Straßen überflutet und unpassierbar. Trotzdem bewirkten die Niederschläge bei den meisten Menschen große Erleichterung, denn sie bewirkten, dass die Nahrungsmittelproduktion für die Menschen und ihr Vieh für einige Zeit wieder gesichert ist.

Auch die Elefanten und viele andere Wildtiere profitierten von den Regenfällen, denn ihnen standen nun viele neue, temporäre Wasserstellen zur Verfügung sowie Weideflächen, die sonst  aufgrund von Wassermangel nicht zugänglich sind. Das reiche Nahrungsangebot führte auch zu einer deutlichen Reduzierung der Konkurrenz zwischen Wildtieren und dem Vieh der lokalen Bevölkerung.

 

Die Elefanten finden jetzt überall ausreichend Nahrung.
Die Elefanten finden jetzt überall ausreichend Nahrung.

 

Spielende Jungbullen
Spielende Jungbullen

 

Die Elefanten haben die üppigen Bedingungen gut genutzt und in relativ kurzer Zeit deutlich an Kondition zugelegt. Oft versammelten sie sich in großen Herden, die teilweise aus mehr als 300 Tieren bestanden, die sich begrüßten, zusammen weideten und miteinander spielten. Viele Kühe waren paarungsbereit, und einige Bullen, darunter Pascal, kamen in die Musth. Das führte zu einer Vielzahl aufregender Interaktionen.

 

Ein Bulle auf der Suche nach paarungsbereiten Kühen
Ein Bulle auf der Suche nach paarungsbereiten Kühen

 

Pascal, der 1980 geborene Sohn Patricias aus der PC-Familie, führt schon seit vielen Jahren ein von seiner Familie unabhängiges Leben. Er ist ein großer Bulle mit kurzen aber dicken Stoßzähnen. Sein rechtes Ohr ist gebrochen, so dass es etwas schlaff aussieht, doch dies ist nur ein kleiner Schönheitsfehler, der ihn nicht im geringsten beeinträchtigt. Pascal durchstreifte den Park auf der Suche nach Kühen im Östrus, und das ATE-Team sah ihn bei Paarungen und der anschließenden Bewachung mehrerer Kühe. Seine Aktionen hatten also den gewünschten Erfolg.

 

Ein Bulle prüft die Paarungsbereitschaft einer Kuh
Ein Bulle prüft die Paarungsbereitschaft einer Kuh

 

Viele Elefanten wanderten in außerhalb des Parks liegende Gebiete. Cynthia Moss und ihr Team konnten daher einige Familien gar nicht oder nur bei wenigen Gelegenheiten sehen. Zu ihnen gehörten die FBs und die OAs.

Den FBs begegnete das ATE-Team nur einmal, am 30. November. Die Gruppe bestand aus Flossie, Fenneke und ihrem kleinen Kalb, Farrukhan, Farida, Falafel und Frost. Es wäre sehr gut, wenn die FBs jetzt, wo es reichlich Nahrung gibt, mehr zusammenbleiben, doch es ist schwer zu sagen, was sie tatsächlich tun werden, nachdem Fanny sie nicht mehr anführt.

Die OAs und OA2s hatte das ATE-Team bereits am 27. Oktober gesehen. Sie hielten sich inmitten einer der großen Herden auf, der auch die CBs angehörten, mit denen die OAs besonders eng befreundet sind. Die Familienmitglieder schienen in guter Verfassung zu sein, und die neuen Kälber gediehen bisher prächtig.

 

Einige Mitglieder der EB-Familie
Einige Mitglieder der EB-Familie

 

Auch die EBs wurden nicht sehr häufig gesehen. Am 31. Oktober begegnete das ATE-Team Enid mit ihren Kälbern. Außerdem sahen sie Eliots Tochter Ekaterina, die sich im Östrus befand und sich mit Michael paarte. Michael ist 32 Jahre alt und dabei, sich zu einem der eindrucksvollsten Bullen Amboselis zu entwickeln. Seine dicken, symmetrischen, ausladenden Stoßzähne reichen bereits jetzt fast bis zum Boden. Da er sich gerade in Musth befand, war er für paarungsbereite Kühe besonders attraktiv. Ekaterina hat bisher noch kein eigenes Kalb bekommen und könnte nun zum ersten Mal schwanger werden. Und im November traf das Team auf Eliot mit ihren Kälbern, einschließlich Ekaterina, die sich inzwischen wieder bei ihrer Mutter und Eleanor befand.

 

Eliot von den EBs und ihre jüngstes Kalb
Eliot von den EBs und ihr jüngstes Kalb

 

Eliot und ihr jüngstes Kalb
Eliot und ihr jüngstes Kalb

 

Im Unterschied zu den meisten anderen Familien hatten sich die EBs nicht den großen Versammlungen angeschlossen, sondern sich stattdessen sogar noch in kleinere Untergruppen aufgeteilt. Dieses Verhalten beobachtet man normalerweise eher während der Trockenzeit. Doch Enid, die Matriarchin, ist immer noch dabei, sich von ihren schlimmen Erfahrungen im Jahr 2022 zu erholen. Dies war vielleicht der Grund für die Aufsplitterung der EBs. Wir hoffen, dass Enid bald wieder zu ihrer alten Stärke zurückfindet und dann auch ihre Familie wieder zusammenführen wird.

Andere Familien wurden öfter gesehen, darunter beispielsweise beide Gruppen der PCs, sowohl diejenige Petulas wie die von Placida und auch die GBs. In beiden Familien gab es neue Kälber, die sich in guter Verfassung befanden. Speziell die GBs hatten im November erneut Familienzuwachs erhalten: Gretchen brachte am 18. November ein männliches Kalb zur Welt, was große Freude auslöste. Gretchen ist Geetas Tochter aus dem Jahr 2003 und hat nun bereits drei männliche Kälber geboren. Das erste, das 2015 zur Welt kam, überlebte allerdings leider nicht. Im Jahr 2017 bekam Gretchen dann ihren zweiten Sohn, der den Namen Glissando erhielt, und nun hat sie ihren dritten Sohn zur Welt gebracht.

 

Eine Gruppe der GB-Familie
Eine Gruppe der GB-Familie

 

Oft hielten sich die GBs in den großen Herden auf. Einmal entdecke das ATE-Team auch Golda und ihren Teil der Familie in so einer Versammlung. Garba Tula, die mit ihren Kälbern inmitten anderer Elefanten weidete, beschloss plötzlich eine andere Familie, die AAs, von ihrem Weideplatz zu vertreiben. Garba Tula ist zwar eine sehr schöne Elefantenkuh, aber zu Angehörigen anderer Familien nicht sehr freundlich. Genau wie Menschen haben auch Elefanten unterschiedliche Persönlichkeiten. Dies haben die Forscherinnen des ATE im Laufe der Jahre untersucht, indem sie ihre langfristigen und detaillierten Daten von bekannten Individuen nutzten, um einen Persönlichkeitsindex zu erstellen. Dieser Aspekt ihrer Forschung ist besonders faszinierend, und sie entwickeln diesen Bereich auch laufend weiter, während sie bei ihren Beobachtungen weitere  Informationen sammeln.

 

Eine Gruppe der AA-Familie
Eine Gruppe der AA-Familie

 

Annan (ganz links) und weitere AAs
Annan (ganz links) und weitere AAs

 

Die AAs waren immer eine der standorttreuesten Familien in Amboseli und blieben auch im Oktober und November überwiegend im Park. Das erst vor kurzem geborene weibliche Kalb Abras gedieh prächtig und war sehr lebhaft und verspielt. Aurora B, die 2010 geborene Tochter von Amber, brachte am 2. November ihr erstes Baby zur Welt. Die Geburt wurde von einem Safari-Guide beobachtet, der das Forschungsteam informierte. Auroa Bs Mutter Amber war die Schwester von Angelina und starb 2016 im Alter von 35 Jahren aus unbekannter Ursache. Von all ihren Kindern lebt nur noch Aurora B. Und deren letzte lebende Verwandte mütterlicherseits ist nun ihre Tante Angelina. Als Amber starb, blieb Aurora B, die zu diesem Zeitpunkt erst sechs Jahre alt war, bei Angelina, zu der sie eine sehr enge Bindung entwickelte.

Wer die Geschichte nicht kennt, könnte meinen, Aurora B sei Angelinas Kalb, da sie ihr mit ihren Cousinen überallhin folgt. Das ATE-Team freute sich sehr darüber, dass sie mit 13 Jahren nun zum ersten Mal selbst Mutter geworden ist. Doch leider war diese Freude nicht von langer Dauer. Als sie Aurora B am 7. November das nächste Mal sahen, war ihr Kalb nicht mehr bei ihr. Aurora B hatte zwar noch Milch, doch ihr Kalb war nirgends zu sehen. Ein so junges Kalb kann ohne seine Mutter nicht lange überleben, und daher muss davon ausgegangen werden, dass es gestorben ist. Der Verlust eines erstgeborenen Kalbes kommt in freier Wildbahn leider öfter vor, und die Überlebensrate der Kälber ist gerade bei den AAs im Vergleich zu anderen Familien in Amboseli relativ niedrig. Das ATE-Team war traurig darüber, dass das Kalb nicht überlebt hatte – auch wenn ihnen bekannt war, dass dies vorkommen kann. Doch dieses Wissen machte es nicht leichter.

 

Angelina aus der AA-Familie
Angelina aus der AA-Familie

 

Angelina und ein befreundeter Bulle
Angelina und ein befreundeter Bulle

 

Manchmal liegen traurige und freudige Ereignisse sehr eng beieinander. Das war dieses Mal auch bei den AAs der Fall: Während Aurora B ihr Kalb verlor, wurde Acholi gerade schwanger. Acholi befand sich im Östrus  und wurde von Pascal begleitet. Acholi ist eine Tochter der früheren AA-Matriarchin Alison , eine Schwester Astrids, die ebenfalls Matriarchin der AAs war, und eine Tante Annans. Im April dieses Jahres hatte sie ihr erstes Kalb zur Welt gebracht, das jedoch nicht überlebte. Nachdem ihre körperliche Verfassung wiederhergestellt war und sie kein Kalb mehr zu versorgen hatte, kam sie nun bereits wieder in den Östrus . Acholi befand sich in einer der großen Elefantenversammlungen, wo ihr mehrere Bullen folgten, darunter Pascal. Pascal war der bei weitem größte von ihnen und befand sich außerdem gerade in der Musth. Da verschaffte ihm einen großen Vorteil bei Paarungen. Acholis Körpersprachte zeigte denn auch deutlich, dass sie an ihm interessiert war. Das ATE-Team konnte zwar nicht sehen ob er und Acholi sich tatsächlich paarten, doch die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß.

 

Angelina, eine erfahrene Anführerin aus der AA-Familie
Angelina ist eine erfahrene Anführerin aus der AA-Familie

 

Annan von den AAs
Annan von den AAs, die Tochter der früheren Matriarchin Astrid

 

Anghared von den AAs
Anghared ist eine der ältesten und erfahrensten Kühe der AAs

 

Eine besonders interessante Beobachtung machte das Team im November, als es bei einer Gelegenheit alle AAs in einer Gruppe zusammen sah. Dies war schon lange nicht mehr der Fall gewesen. Wie berichtet, hatte die letzte Matriarchin Astrid große Anstrengungen unternommen, um ihre Familie zusammenzuhalten, was ihr auch sehr gut gelungen ist. Seit ihrem Tod hatten sich die AAs aber in mehrere Gruppen aufgeteilt, die von Althea, Angelina, Anghared und Ann geführt wurden und von denen jede ihres Weges zog. Noch ist es unklar, ob sie sich künftig wieder dauerhaft zusammenschließen werden, was gerade bei einer kleineren Familie wie ihnen zu wünschen wäre. Doch die aktuelle Beobachtung ist für die Forscherinnen immerhin ein hoffnungsvolles Zeichen, da es zeigt, dass die Familienmitglieder sich noch immer verbunden fühlen.

 

Anghared, eine der ältesten Kühe der AA-Familie
Anghared von den AAs

 

Anghared von den AAs
Anghared

 

Wie auch immer sie sich entscheiden werden, für den Moment hatten sie jedenfalls wieder zusammengefunden und konnten gemeinsam die angenehmen Bedingungen genießen. Wir wünschen ihnen, dass es ihnen gelingt eine gute Entscheidung zu treffen, um eine  weise und verantwortungsbewusste Matriarchin zu finden – oder mehrere.

 

(Alle Bilder © Christiane Umlauft)

Amboseli News: Februar und März 2023

Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie

Februar und März waren dieses Jahr in Amboseli sehr heiße und trockene Monate. Nachdem die Regenzeit Ende 2022 nur sehr dürftig ausgefallen war, begann bereits im Februar eine neue Dürreperiode.

Dabei wurden erst jetzt die Verluste der Dürre 2022 bekannt. Die Zahl der Todesopfer war mit 150 Elefanten zwar nicht so hoch wie 2009, als ca. 400 Elefanten gestorben waren, doch jeder tote Elefant ist einer zuviel und ein schmerzhafter Verlust – gerade auch für das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE), das  jedes Tier der Amboseli-Population kennt und liebt.

Außerdem waren viele weitere Wildtiere der Dürre zum Opfer gefallen, vor allem Gnus und Zebras. Im Unterschied zu den Elefanten können diese Arten die Sümpfe nur schlecht als Nahrungsquelle nutzen, daher waren ihre Verluste noch höher.

 

Die Dürre forderte viele Opfer wie diese Gnus
Die Dürre forderte viele Opfer wie diese Gnus

 

Noch härter hatte es das Vieh der Menschen in der Nachbarschaft des Parks getroffen. Einige Viehzüchter haben 50 Prozent ihrer Tiere verloren. Und noch schlimmer waren die Kleinbauern betroffen, die rund um das Amboseli-Ökosystem Ackerbau betreiben. Sie erlebten völlige Ernteausfälle, und viele von ihnen hatten schlicht nicht genug Einkommen mehr, um sich und ihre Familien zu ernähren.

Da der Amboseli-Nationalpark einer der kleinsten Kenias ist, sind die Elefanten und anderen Wildtiere darauf angewiesen, auch Weidegründe außerhalb der Parkgrenzen zu nutzen. Die dort lebende Bevölkerung, die zum Großteil aus Massai besteht, hat dies über viele Generationen hinweg toleriert und sogar dafür gesorgt, dass das Amboseli-Gebiet weitgehend von Wilderern verschont blieb. Doch extreme Situationen wie Dürren erschweren das friedliche Zusammenleben naturgemäß schwer, da es für beide Seiten oft um die letzten Ressourcen und das nackte Überleben geht. Es ist daher dringend notwendig, Wege zu finden, um beiden Seiten zu helfen und das ursprüngliche, friedliche Miteinander wiederherzustellen.

 

Ilesha von der IAIC-Familie
Ilesha von der IAIC-Familie – auch sie kann nur in einem gesunden Ökosystem überleben

 

Zu diesem Zweck unterstützt der ATE verschiedene Projekte, beispielsweise die Versorgung von Familien und Schulen mit Lebensmitteln. Schüler erhalten eine Mahlzeit am Tag. So können sie weiter die Schule besuchen, und ihre Familien werden finanziell entlastet.

Die ganze Zeit war es unentwegt sehr trocken, windig und heiß. Überall im Park waren Staubteufel am Horizont zu sehen, und das Team des ATE sehnte sich jeden Tag mehr nach Regen. Für sie war es vor allem psychisch eine sehr anstrengende Zeit, da sie sahen, wie Menschen und Tiere erneut um ihr Überleben zu kämpfen begannen.

Wie üblich versammelten sich viele Tiere, vor allem Elefanten, bei den Sümpfen im Herzen des Parks, um hier die härteste Zeit zu überstehen.

Und dann, Ende März, kam endlich die langersehnte Erlösung: Der Regen kehrte zurück! Zuerst regnete es vor allem außerhalb des Parks, während innerhalb nur geringe Niederschläge fielen. Doch am 29. März gab es schließlich in der Nacht ein gewaltiges Gewitter mit Donner, Blitz und starkem Wind. Der Regenmesser im Camp zeigte 39 mm an, was von allen im Camp begeistert gefeiert wurde! Erleichterung und Freude sind nur schwer zu beschreiben, wenn eine Dürre durch einen solchen Regen beendet wird! Im Camp gab es Schlamm und Pfützen, was sich wie ein Novum anfühlte! Hilflos zusehen zu müssen, wie die Tiere unter der Dürre litten, hatte einen enormen psychischen Druck verursacht. Doch nun spürten alle, wie sich ihre Stimmung wieder aufhellte! Sie wussten, dass sich die Vegetation bei guten Regenfällen schnell erholen und damit auch das Leid der Tiere bald ein Ende haben würde.

 

Grünes Gras und ein schneebedeckter Kilimanjaro nach Beginn der Regenzeit
Grünes Gras und ein schneebedeckter Kilimanjaro nach Beginn der Regenzeit

 

Bemerkenswert war es, wie schnell die Wildtiere auf die Wetterveränderung reagierten. Fast über Nacht verließen vor allem die Zebras und Gnus den Park, um sich außerhalb von der frischen, neuen Vegetation zu ernähren. Die Elefanten blieben zwar weiterhin im Park, aber nicht mehr in der gleichen Anzahl wie zuvor. Auf Cynthia Moss und ihr Team wirkte die Veränderung dramatisch.

Wir gehen stark davon aus, dass es im April und Mai noch mehr Regen geben und sich die Natur dadurch schnell und deutlich erholen wird. Die meisten Tiere – einschließlich der Elefanten – werden sich in dieser Zeit außerhalb des Parks aufhalten und erst mit Beginn der nächsten Trockenzeit zurückkehren. Endlich ist die Zeit der Entbehrung vorbei!

 

Elefanten genießen ein Schlammbad
Elefanten genießen ein Schlammbad

 

Die Elefanten hatten die Monate der Dürre unterschiedlich gut bewältigt, was stark von den Strategien abhing, denen sie dabei folgten.

Die AA-Familie war dem für Elefanten üblichen Verhalten während Zeiten des Mangels gefolgt: Sie hatte sich in kleinere Gruppen aufgeteilt und blieb in der Nähe von Futter- und Wasserquellen. Manchmal zogen sich Familienmitglieder vom Rest der Gruppe zurück und verschwanden für mehrere Tage, bevor sie sich der Familie wieder anschlossen. Unter normalen Bedingungen würden Elefanten so etwas nicht tun, aber während Krisenzeiten hatten Cynthia Moss und ihr Team dies schon oft beobachtet.

Besonders auffällig und besorgniserregend war allerdings, dass man die Matriarchin Astrid Anfang Dezember das letzte Mal gesehen hatte. So eine lange Trennung ist für eine Leitkuh selbst während einer Dürre sehr ungewöhnlich. Bei Astrid wirkte es noch auffälliger, da sie und ihre Tochter Annan sonst fast unzertrennlich waren. Daher hielt das ATE-Team verstärkt Ausschau nach ihr und bat auch einige andere, befreundete, NGOs nach ihr zu suchen. Im Februar erfuhren sie dann von einem mehrere Wochen alten Kadaver, der innerhalb des Parks entdeckt worden war. Als sie dorthin fuhren, um zu überprüfen, wer der Elefant sein könnte, mussten sie leider feststellen, dass es sich tatsächlich um Astrid handelte.

 

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Astrid (links) und ihre Tochter Annan (rechts)
Ein Bild aus glücklichen Tagen: Astrid (links) und ihre Tochter Annan (rechts)

 

Der Verlust einer Matriarchin ist für Elefantenfamilien immer äußerst schwer zu verkraften, und Astrid hatte nach dem Tod ihrer Vorgängerin und Mutter Alison besonders hart daran gearbeitet, die AA-Familie zusammenzuhalten. Sie war eine besonders sanfte und freundliche Elefantenkuh gewesen. Ihr Verlust schmerzte sehr.

Astrid wurde 1979 als Tochter Alisons geboren. Leider hatte sie in ihrem Leben nicht viel Glück mit ihren Kälbern gehabt. Von allen erreichte nur Annan das Erwachsenenalter und hat bis heute überlebt. Zwischen Astrid und Annan bestand eine sehr enge Bindung, und sie waren fast immer zusammen. Annan wird diesen Verlust daher sehr zu spüren bekommen, zumal sie auch um den Verlust ihres eigenen Kalbes trauert. Bis jetzt hat sie viel Zeit mit dem Rest der Familie verbracht und wurde oft zusammen mit ihrer Tante Artemi und deren Kälbern gesehen. Sie sah relativ mitgenommen und dünn aus, und die Spitze ihres vorher schön geschwungenen rechten Stoßzahns war abgebrochen. Wir können nur hoffen, dass sie sich allmählich wieder erholen wird.

 

Annan folgt ihrer Familie
Annan folgt ihrer Familie

 

Derzeit sind Anghared (geboren 1981) und Angelina (geboren 1985) die ältesten noch verbliebenen Kühe der AAs. Der Tod einer Matriarchin kann weitreichende und dauerhafte Veränderungen in einer Elefantenfamilie zur Folge haben, da es weitgehend davon abhängt, welche Kuh die Nachfolge antritt und wie deren Beziehungen zu den übrigen älteren Weibchen in der Familie sind. Es ist aber derzeit noch zu früh, um zu sagen, wie es weitergehen wird, denn zunächst waren die AAs wie die meisten Familien wegen der Dürre ohnehin in viele kleine Gruppen aufgeteilt. Erst im Verlauf der Regenzeit wird man vielleicht erkennen, wie die AAs sich entscheiden werden. Doch manchmal braucht es dafür sogar Jahre.

Im Moment halten sich die AAs zumindest im selben Gebiet auf und bleiben selbst bei Trennungen immer in Rufweite zueinander.

 

Ann und ihr neues Kalb
Familienzuwachs bei den AAs: Ann und ihr neues Kalb

 

Wesentlich erfreulichere Nachrichten gibt es von den EBs. Auch sie hatten sich in mehrere kleinere Gruppen aufgeteilt. Während Eliot und Edwina sich in derselben Gegend aufhielten, zog sich Enid mit Elise und Echeri in einen anderen Teil des Parks zurück, einem relativ kleinen Gebiet mit einem Radius von drei bis vier Kilometern. Hier hatten sie einen Ort mit Wasser, Nahrung und einem schönen Wald zum Schlafen und Ausruhen gefunden.

Enid war kurz vor der Dürre durch eine Speer-Attacke verletzt worden war und musste dann zusätzlich noch mit den Entbehrungen der Dürre und der Trauer um den Verlust ihres jüngsten Kalbes fertig werden. Das hatte sie physisch und psychisch enorm belastet und wir machten uns große Sorgen um sie. Jetzt sah sie endlich wieder besser aus und schien sich wirklich zu erholen. Wir freuen uns sehr über diese Entwicklung! Und auch darüber, dass ihr männliches Kalb Emfatico bei ihr ist und in Anbetracht der überstandenen Dürre ebenfalls gut aussieht. Auch ihre Tochter Elise und ihre Freundin Echeri blieben treu an der Seite Enids. Dies war für sie sicher eine große psychische Unterstützung und wird ihr sehr geholfen haben, ihre Probleme zu bewältigen.

 

Enid, die Matriarchin der EBs
Enid, die Matriarchin der EB-Familie

 

Auch viele andere Familien scheinen die Dürre relativ gut überstanden zu haben. Darunter die OAs und die FBs. Letztere hielten sich oft zusammen mit vielen anderen Tieren in einem riesigen Sumpf auf und befanden sich dabei manchmal in Gesellschaft der EBs.

Im Unterschied zu anderen Familien hatten sich die GBs nur wenig in kleinere Gruppen aufgeteilt. Goldas Gruppe wurde oft zusammen gesehen und folgte jeden Tag derselben Routine. Gails Gruppe hielt sich in derselben Gegend auf wie Goldas Gruppe und manchmal waren sogar alle zusammen. Sie verbrachten viel Zeit in den Sümpfen, wo sie immer Wasser und Nahrung fanden. Die Sumpfvegetation ist gut, allerdings brauchen Elefanten langfristig Abwechslung in ihrer Ernährung, um gesund zu bleiben.  Insgesamt sahen die GBs sahen gut aus und ihre Strategie hatte sich eindeutig als erfolgreich erwiesen. Nach dem Einsetzen der Regenzeit freuten sie sich nun aber sichtlich über die frische, neue Vegetation.

 

Mitglieder der GB-Familie genießen das frische, grüne Gras
Mitglieder der GB-Familie genießen das frische, grüne Gras

 

Von den PCs waren sowohl die Gruppe von Petula als auch die von Placida in den letzten paar Monaten im Nationalpark anzutreffen. Placidas Gruppe wurde im Februar und März viermal und Petulas Gruppe sogar sechsmal gesehen. Auch sie hatten es geschafft in relativ guter Verfassung zu bleiben und sollten nun, wo es mehr frische und abwechslungsreichere Nahrung gibt, wieder an Gewicht zulegen. Sogar die neuen Kälbern in Placidas Gruppe machten einen guten Eindruck. Paris, Patience und Pauleta aus Placidas Gruppe sowie Pink und Piedad aus Petulas Grupe haben es geschafft, ihre jungen, milchabhängigen Kälber am Leben zu erhalten, die mit weniger als zwei Jahren zu den am meisten gefährdeten Altersgruppen gehörten. Nur Placida selbst sah etwas dünn aus und Petula hatte leider ihr 2020 geborenes weibliches Kalb verloren.

Wenn man die allgemeinen Verhältnissen in Amboseli betrachtet ist es erstaunlich wie gut die PCs insgesamt im Unterschied zu anderen die Dürre überstanden haben.

Auch viele Bullen waren im Park anzutreffen, darunter die drei Freunde Francois, Giff und Palmer. Francois ist der 18 Jahre alte Sohn Faridas  und ein Enkel Fannys. Giff ist der 1996 geborene Sohn von Geraldine. Er sieht sehr gut aus und ist ziemlich groß für sein Alter, typisch für GB-Bullen, die zu einem kräftigen Körperbau neigen. Palmer ist jetzt 29 Jahre alt, was bedeutet, dass er sich dem besten Alter eines Elefantenbullen nähert. Ab diesem Zeitpunkt kommen sie in die Musth, und haben dadurch vorrangig Zugang zu paarungsbereiten Kühen. Palmer ist ein sehr sanfter und ruhiger Elefant, der sehr lange gebraucht hat, um von seiner Familie unabhängig zu werden, weshalb man ihn oft als „Muttersöhnchen“ bezeichnete. Normalerweise verlassen Bullen ihre Familie im Alter von 12 bis 14 Jahren, aber Palmer blieb bis er 19 war. Palmers Mutter Peggy starb während der Dürre 2009, aber seine Schwester Patience lebt noch. Seit er seine Familie verlassen hat, ist Palmer enorm gewachsen und entwickelte sich zu einem der größeren Bullen in der Amboseli-Population.

 

Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie
Giff, ein junger Bulle aus der GB-Familie

 

Junge Bullen folgen älteren, um Überlebenstaktiken und das Paarungsverhalten zu lernen. Mit Palmer haben sich Francois und Giff einen sehr freundlichen Bullen als Lehrer ausgesucht.

Nach all den harten Zeiten können sich die Elefanten und anderen Wildtiere nun endlich wieder über bessere Bedingungen freuen und von den überstandenen Entbehrungen erholen. Wir hoffen sehr, dass sich die guten Verhältnisse nun bis zum Jahresende fortsetzen werden. Dann ist aufgrund des El Nino-Phänomens sogar eine sehr ergiebige Regenzeit zu erwarten.

ATE News: Oktober und November 2022

Elefantenkuh mit zwei Kälbern aus der OB-Familie

Im Oktober und Anfang November erreichte die Dürre in Amboseli ihren brutalen Höhepunkt. Erst in der zweiten November-Hälfte setzten dann endlich die langersehnten Regenfälle ein, und die schlimmste Not nahm ein Ende.

 

Elefantenkuh wacht über schlafendem Kalb
Elefantenkuh wacht über schlafendem Kalb

 

Für die Elefanten und meisten anderen Wildtiere, aber auch für die Menschen und ihr Vieh war die monatelange Dürre eine Katastrophe. Schätzungsweise 5 % der Elefanten, 3 % der Giraffen, 12 % der Zebras, 15 % der Gnus und zwischen 20 % und 30 % des Viehs starben aufgrund der Trockenheit.

Für Cynthia Moss und ihr Team vom Amboseli Trust for Elephants (ATE) war das Leid, mit dem sie tagtäglich konfrontiert wurden, schwer zu ertragen. Sie nahmen es sogar deutlicher wahr als die meisten anderen Menschen vor Ort. Viele realisieren den Tod eines Tieres nur, wenn sie Augenzeugen waren oder zumindest seine Überreste finden, was beides eher selten der Fall ist. Das ATE-Team aber kennt jede Elefanten-Familie in Amboseli persönlich und weiß, aus wie vielen Mitgliedern – erwachsenen Kühen und Kälbern beiderlei Geschlechts – sie bestehen. Erwachsene können sich für einige Zeit von einer Familie trennen – Kälber nicht. Wenn die Forschungsteams des ATE Elefantenfamilien begegnen, kontrollieren sie stets, ob alle Mitglieder dabei sind. Und so mussten sie während der Dürre immer wieder feststellen, dass Kälber fehlten, was nur bedeuten konnte, dass sie wohl auch zu Opfern der Dürre geworden waren. Tatsächlich betraf die Sterblichkeit bei den Elefanten vor allem jüngere Kälber, deren Mütter nicht mehr genug Milch produzieren konnten, sowie ältere Kühe.

 

Elefantenbulle am Rand des Sumpfes vor vertrockneter Ebene
Elefantenbulle am Rand eines Sumpfes vor vertrockneter Ebene

 

Der Beginn der Regenzeit brachte Amboseli etwa 29 mm Niederschlag – eine durchschnittliche Menge für die „nassen“ Monate in diesem Gebiet. Außerhalb des Parks fiel teilweise allerdings etwas mehr Regen, und daher wanderten zahlreiche Tiere dorthin, auch viele Elefanten wie die FB- und PA-Familien. Mehrere Elefantenfamilien blieben auch im Park zurück. Dort fanden sie vielleicht nicht so gute Nahrungsbedingungen wie außerhalb, doch sparten sie viel Energie, indem sie weite Wanderungen vermieden. Jede Familie und jede Matriarchin verfolgt ihre eigenen Strategien, und das ist gut, denn auf diese Weise können die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden.

Die AAs haben, wie erwartet,  ihr vertrautes Gebiet im Zentrum des Parks nicht verlassen. Leider hatten sie nach den Verlusten der vorangegangenen Monate noch weitere Mitglieder verloren: Annans zweijähriges männliches Kalb, das alle liebten, da es sehr selbstbewusst und lebhaft war, sowie Anns erst Anfang des Jahres geborenes weibliches Kalb. Diese Verluste verursachten in der Familie aber auch beim ATE-Team große Trauer.

 

Annan und ihr Kalb - als es noch lebte
Bild aus besseren Zeiten: Annan und ihr Kalb

 

Wenigstens gibt es auch eine gute Nachricht: Angelina hat es geschafft, dass ihr weibliches Zwillingskalb überlebte. Dies ist eine enorme Leistung, wenn man bedenkt, wie benachteiligt das Kalb von Geburt an war. Zwillinge haben bei Elefanten kaum Überlebenschancen, da sie die Milch teilen müssen. Angelinas männliches Zwillingskalb war daher leider Ende 2021 gestorben. Nun musste seine Schwester zwar die Milch nicht mehr teilen, doch war sie in ihrer körperlichen Entwicklung im Vergleich zu gleichaltrigen Kälbern etwas zurückgeblieben. Dass sie die Dürre trotzdem überlebt hat, ist wirklich eine außergewöhnliche Leistung Angelinas.

 

Angelina und ihr weibliches Zwillingskalb
Angelina und ihr weibliches Zwillingskalb

 

Angelinas Kalb beim Trinken
Angelinas Kalb beim Trinken

 

Auch die EBs blieben innerhalb des Parks. Sie teilten sich während der letzten zwei Monate in viele kleinere Gruppen auf. Leider waren auch sie noch von weiteren Verlusten betroffen: Europa, Eliot und Entito haben ihre jüngsten, etwa zwei Jahre alten Kälber verloren.

Eliot wurde aber zusammen mit ihrer erwachsenen Tochter Entito, ihrer elf Jahre alten Tochter Ektarina und ihrem sieben Jahre alten Sohn Eumense gesehen. Wenigstens die älteren Kälber scheinen die Dürre alle überlebt zu haben.

Ebony begann damit, mehr Zeit beim ATE-Camp zu verbringen. Das Team freute sich sehr festzustellen, dass ihr jüngstes männliches Kalb überlebt hatte und ständig bei seiner Mutter war. Eliot und Entito hielten sich immer in Ebonys Nähe auf und deren siebenjähriger Sohn Eurypon freundete sich mit den beiden an. Ebony begann schließlich damit, sich mit dem Camp näher vertraut zu machen,  bewegte sich tagsüber manchmal direkt zwischen den Zelten und trank sogar Wasser aus dem Duschtank. Dabei verhielt sie sich aber sehr vorsichtig und rücksichtsvoll, beschädigte keine Leitungen und war auch sonst sehr höflich, so dass das Team sie in Ruhe ihren Geschäften nachgehen ließ. Natürlich hielten sie wie immer einen Sicherheitsabstand zu ihr ein, da sie schließlich ein wilder Elefant ist, obwohl sie sich in Gegenwart des ATE-Teams sehr ruhig verhält.

 

Mitglieder der EB-Familie im Ol Tukai Forest
Mitglieder der EB-Familie im Ol Tukai Forest

 

Auch Ektor, Enids elfjähriger Sohn, besuchte oft das ATE-Camp. Er kam an den Zelten vorbei, während ihre Bewohner drinnen an ihren Computern arbeiteten, und graste gerne in ihrer Nähe.

Enid selbst verbrachte einige Zeit in einem anderen Teil des Parks, und es sah so aus, als ob die Trockenheit in Verbindung mit dem Stress, den sie durch das Speeren von einigen Monaten erlitten hatte, ihren Tribut gefordert haben. Dazu kam, dass auch sie ihren zweijährigen Sohn verloren hatte, um den sie nun trauerte. Cynthia und ihr Team hoffen sehr, dass sie sich nach dem Beginn der Regenzeit möglichst bald wieder erholen wird.

 

Enid, die Matriarchin der EB-Familie
Enid, die Matriarchin der EB-Familie

 

Eleanor hielt sich ebenfalls im selben Gebiet wie Enid auf, wurde aber manchmal allein gesehen. Dieses Verhalten ist typisch für Dürreperioden; die Elefanten teilen sich auf, um leichter genug Nahrung für alle zu finden. Hinzu kommt aber auch, dass sie viel Kondition verloren haben und über Verluste trauern müssen. Beides kann sie sehr lethargisch machen.

Die EBs werden einige Zeit brauchen, um sich von dieser Dürre zu erholen, sowohl physisch wie psychisch, aber sie werden es schaffen, dessen ist sich das ATE-Team sicher. Hoffentlich geschieht es bald!

Die GBs waren in den letzten Monaten ebenfalls regelmäßig im Amboseli. Sowohl Gails wie Goldas Gruppen wurden mehrfach gesehen. Golda hat ihren Teil der Familie gut zusammengehalten, aber leider haben auch sie einen Verlust erlitten: Ghosts zweijährigen Sohn. Wenn man berücksichtigt, dass die GBs eine der größten Familien in Amboseli sind, haben sie allerdings mit nur einem verlorenen Kalb diese schlimme Zeit noch relativ gut überstanden – auch wenn jedes einzelne gestorbene Kalb eines zu viel ist. Doch andere Familien hatten deutlich mehr Verluste erlitten.

Die OAs verbrachten tagsüber viel Zeit im Park und hielten sich hauptsächlich in den Sümpfen auf, um die dort noch vorhandene – wenn auch nährstoffarme – Vegetation zu nutzen. Auch sie haben die Strapazen relativ gut überstanden, hatten aber ebenfalls über einen Verlust zu trauern: Olwens zweijährige Tochter. Die übrigen Kälber hatten bis zum Einsetzen der Regenfälle überlebt und damit das Schlimmste überstanden. Wir hoffen sehr, dass die OAs von weiteren Verlusten verschont bleiben.

 

Elefantenkuh mit zwei Kälbern aus der OB-Familie
Elefantenkuh mit zwei Kälbern aus der OB-Familie

 

Da Amboseli ein eher kleiner Park ist, war es für das Überleben der Wildtiere schon immer wichtig, dass sie auch außerhalb nach Nahrung suchen konnten. Die Massai und andere Nachbarn zeigten ihnen gegenüber in den meisten Fällen eine große Toleranz. Die Dürre hatte nun allerdings die Konkurrenz um die letzten Ressourcen verschärft, und es wird noch lange dauern bis alle, Menschen wie Tiere, sich von ihren Auswirkungen erholt haben. Und niemand weiß, wann die nächste Dürre kommt. Der Schutz von Elefanten und anderen Wildtieren wird dadurch vor immer größere Herausforderungen gestellt.

Cynthia Moss und ihr Team vom Amboseli Trust for Elephants wissen, dass es notwendig ist, in Zusammenarbeit mit der Regierung, anderen NGOs und der lokalen Bevölkerung Konzepte zu entwickeln, die auch in Zukunft eine friedliche Koexistenz von Menschen und Wildtieren ermöglichen. Denn eins ist klar: Wer die Elefanten schützen will, muss sicherstellen, dass auch die Menschen überleben und idealerweise vom Schutz der Wildtiere profitieren. Anders wird es nicht funktionieren.

 

Elefantenkuh mit Kälbern
Elefantenkuh mit Kälbern

 

Cynthia und ihr Team nahmen daher an verschiedenen Besprechungen und Diskussionen teil. Zu deren ersten greifbaren Ergebnissen gehören folgende Maßnahmen:

  1. Ernährungsprogramme für die Bevölkerung (vorrangig für Kinder und ältere Menschen) weiterführen
  2. Sicherung, Instandhaltung und Neuanlage von Wasserstellen für Wildtiere und Vieh (auch außerhalb des Parks in Gebieten, die während Dürrezeiten noch Nahrung bieten, aber zu weit von den natürlichen Wasserstellen im Parkzentrum entfernt liegen)
  3. Bereitstellung von Futter für Wildtiere und für das Vieh sowie die Behandlung des Viehs gegen Parasiten (wichtig für das Vieh selbst, aber auch für die Wildtiere, die sich sonst über den Dung selbst infizieren könnten – gerade bei geschwächtem Zustand in Trockenzeiten ein großes Problem)

 

Zu den längerfristigen Maßnahmen, die ebenfalls bereits angelaufen sind, gehören:

  1. Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenqualität
  2. Anlage einer Grassamenbank (um besonders dürreresistente Sorten zu fördern)
  3. Entwicklung nachhaltigerer und effektiverer landwirtschaftlicher Praktiken (welche weniger Land beanspruchen).

 

Für das ATE-Team zeichnet sich ab, dass sich auch ihre eigene Arbeit den neuen Herausforderungen anpassen muss. Ursprünglich war das wichtigste Ziel, das natürliche Verhalten der Elefanten und ihre Gesellschaft besser kennenzulernen. Dieses wird auch weiter ein Schwerpunkt bleiben. Doch zusätzlich wird die Entwicklung von Lösungen zu Vermeidung von Mensch-Wildtier-Konflikten immer wichtiger werden.

 

Annan bei der Futtersuche im Sumpf
Annan bei der Futtersuche im Sumpf

 

Hinter den Elefanten Amboselis liegen äußerst schwere Zeiten, die einen sehr schmerzhaften Tribut gefordert haben. Und niemand kann mit Sicherheit sagen, wie sich die nächsten Monate entwickeln werden. Doch vorerst haben die Niederschläge für ein Ende der schlimmsten Not gesorgt, und wir können nur hoffen, dass sich dies in den nächsten Monaten fortsetzen wird.

Viele der Amboseli-Elefanten sind nicht nur Cynthia und ihrem Team, sondern auch vielen Menschen weltweit gut bekannt, und wir alle hoffen von ganzem Herzen, dass sie sich bald von den Entbehrungen der letzten Monate erholen werden.