Amboseli News: Februar und März 2024

Georgia von den GBs und ihr jüngstes Kalb

Amboseli News: Februar und März 2024

 

Im Februar und März diesen Jahres war Amboseli mit reichlich Regen gesegnet. Die Niederschläge hatten bereits im Dezember begonnen, hielten bis in den Februar hinein an und bewirkten ein üppiges Pflanzenwachstum. Überall gab es für die Elefanten Nahrung und Wasser im Überfluss. Auch in sonst wasserlosen Gebieten entstanden temporäre Wasserstellen, wodurch es den Elefanten möglich wurde, Weidegründe aufzusuchen, die sie sonst nicht nutzen können.

Wie üblich bei so guten Bedingunge verteilten sich die Elefanten im gesamten Amboseli-Ökosystem. Immer weniger Elefanten wurden noch innerhalb des Parks gesichtet, da sich viele nun außerhalb aufhielten. Die EB-Familie mit ihrer Matriarchin Enid bekam das Team des Amboseli-Trust for Elephants (ATE) überhaupt nicht zu sehen. Vermutlich waren sie wieder einmal über die Grenze ins benachbarte Tansania gezogen, wo sie die Regenzeit gerne verbringen.

 

Georgia von den GBs und ihr jüngstes Kalb
Georgia von den GBs und ihr jüngstes Kalb

Auch andere Familien wurden nur selten oder gar nicht im Park angetroffen, beispielsweise die FBs und die OAs. Die FBs sah das ATE-Team zumindest noch im Februar einige Male. Dabei stellte sich heraus, dass Freshet zum ersten Mal ein Kalb bekommen hatte – ein Mädchen, das wahrscheinlich Ende Januar oder Anfang Februar geboren wurde. Fortino wurde dadurch zum ersten Mal Großmutter. Sie wird ihre Tochter Freshet sicher gut unterstützen. Vor allem, wenn Elefantenkühe das erste Mal Nachwuchs bekommen, sind erfahrene Großmütter sehr hilfreich.

Facebook, Fortino und ihre Nachkommen haben sich von Flossie und den anderen FBs getrennt. Es bleibt aber abzuwarten, ob es sich hier um eine dauerhafte Teilung der Familie handelt oder ob dies nur eine vorübergehende Phase ist. Es gab allerdings auch Familien, die im Park zurückgeblieben waren, darunter die PCs. Diese Familie konnte bei verschiedenen Gelegenheiten beobachtet werden, und alle Mitglieder schienen gesund und zufrieden zu sein. Oft hielten sie sich sogar in der Nähe des ATE-Camps auf, ebenso wie die AAs, LDs und GBs.

 

Arden und ihr neues Kalb
Arden und ihr neues Kalb

Die AAs sind eine besonders standorttreue Familie und bleiben die meiste Zeit im zentralen Teil des Parks. Nach dem Tod ihrer Matriarchin Astrid hatten sie sich in mehrere Gruppen aufgeteilt, doch jetzt waren sie öfter wieder alle zusammen anzutreffen. Das ATE-Team freute sich sehr darüber, denn da die AAs eine der kleineren Familien sind, wäre es sehr gut, wenn sie zusammenblieben, um sich gegenseitig zu unterstützen. Angelinas neuestes Kalb gedeiht prächtig, und seine ältere Schwester erweist sich als ausgezeichnetes Kindermädchen. Am 14. Februar brachte Arden ein weibliches Kalb zur Welt, das lebhaft ist und gerne mit Angelinas Kalb spielt.

 

Ardens und Angelinas Babys spielen miteinander
Ardens und Angelinas Babys spielen miteinander

Auch Goldas Familienzweig von den GBs begegnete das ATE-Team fast täglich innerhalb oder zumindest in der Nähe des Parks. Gails Gruppe wurde hingegen nur einmal, Anfang Februar, gesichtet. Tatsächlich waren es insgesamt nur wenige Familien, welche innerhalb der Parkgrenzen blieben. Doch gerade, weil die meisten anderen den Park verließen, erholte sich dessen Vegetation in bemerkenswerter Weise, so dass die Zurückgebliebenen erstklassige Weidegründe nutzen konnten – und das, ohne weite Wanderungen zurücklegen zu müssen. Dadurch optimierten sie  ihre körperliche Verfassung besonders schnell.

 

Golda und ihr jüngerer Sohn Glenn
Golda (links) und ihr jüngerer Sohn Glenn (mitte)

Amboseli bot eine atemberaubende Landschaft, und regelmäßig war auch der Kilimandscharo zu sehen, der gleich hinter der Grenze in Tansania steht. Obwohl zwischen Kenia und Tansania normalerweise gute Beziehungen bestehen, kam es in letzter Zeit zu Meinungsverschiedenheiten speziell im Bereich des Natur- und Artenschutzes, von denen auch ein Teil der Elefanten aus Amboseli betroffen war.

Während in Kenia seit mehr als 40 Jahren ein Verbot der Trophäenjagd gilt, ist diese in Tansania weiterhin erlaubt. Dies gefährdet nun auch jene Elefanten aus Amboseli, welche als sogenannte Cross-Boarder-Population regelmäßig in den Norden Tansanias wandern, vor allem in ein Gebiet namens Enduimet.

Die Elefantenpopulation in Amboseli besteht aus 63 Familien. 17 von ihnen, die insgesamt 365 Mitglieder zählen, sowie 30 unabhängige Bullen in  einem Alter von mehr als 25 Jahren bilden die Cross-Boarder-Population. Unter ihnen findet man einige Bullen mit den größten Stoßzähnen des Kontinents, sogenannte Super-Tusker. Darunter versteht man Elefanten, die mindestens einen Stoßzahn mit einem Gewicht von wenigstens 100 Pfund besitzen. Die Existenz dieser Super Tusker ist auch ein Beweis für die Wirksamkeit des jahrzehntelangen Schutzes vor Trophäenjagd und Wilderei.

 

Genesis aus der GB-Familie
Genesis aus der GB-Familie

Da Super Tusker ältere Bullen sind, spielen sie für die Elefanten-Gesellschaft eine sehr wichtige Rolle. Ihr Alter belegt, dass sie gesund und fit sind und sehr gute Gene besitzen, die sie an möglichst viele Nachkommen weitergeben sollen. Tatsächlich zeugen Elefantenbullen bis ins hohe Alter Nachwuchs. Da die jährlichen Musth-Perioden der älteren Bullen besonders lange dauern und da diese außerdem von den Kühen bevorzugt werden, sind sie in dieser Beziehung sogar deutlich erfolgreicher als jüngere Bullen – ganz entgegen den Behauptungen von Trophäenjägern, die alte Bullen gerne als „Totes Holz“ bezeichnen. Darüber hinaus dienen die älteren Bullen als Lehrer der jüngeren und bringen diesen zum Beispiel auch das korrekte Sozialverhalten bei. Wenn die Jäger diese älteren Bullen töten, stören sie massiv das soziale Leben in den Elefanten-Gesellschaften und gefährden außerdem die genetische Vielfalt und das ökologische Gleichgewicht der gesamten Elefanten-Population eines bestimmten Gebiets.

Tansania hatte allerdings zumindest für den Norden des Landes ein Jagdverbot  erlassen, welches auch die Amboseli-Elefanten in Enduimet schützte und fast 30 Jahre Bestand hatte. Nun aber beendete die aktuelle tansanische Regierung dieses Moratorium und gab auch den Norden des Landes wieder für die Trophäenjagd auf Elefanten frei. Die Jäger haben es (zumindest derzeit) nicht auf die Kühe abgesehen, so dass Familiengruppen wie die EBs und GBs in Tansania nicht besonders gefährdet sind. Doch die Bullen sind jetzt im Visier der Jäger.

Seit September 2023 wurden bereits fünf ausgewachsene männliche Elefanten getötet. Die Identifizierung der Opfer hat sich als schwierig erwiesen, da die Jäger deren Körper oft verbrennen, um ihre Identität zu verschleiern. Dennoch ist es ATE gelungen, Fotos des zuerst getöteten Bullen zu erhalten, der als Gilgil aus der GB-Familie identifiziert werden konnte. Gilgil war 36 Jahre alt und ein Sohn von Matriarchin Golda.

 

Gilgil im Jahr 2016
Gilgil im Jahr 2016 (zum Zeitpunkt seines Todes war er noch größer und eindrucksvoller)

ATE-Gründerin und Projekt-Direktorin Cynthia Moss und ihr Team waren erschüttert, als sie davon erfuhren. Sie versuchen seitdem alles in ihrer Kraft Stehende, um die weitere Erteilung von Jagdlizenzen auf die Cross-Boarder-Population zu verhindern. Dies begründen sie vor allem mit deren Einzigartigkeit und ihrer wissenschaftlichen Bedeutung als Gegenstand der ältesten Langzeitstudie über das Verhalten wildlebender Elefanten sowie der Tatsache, dass sie eine der letzten Hochburgen des Genpools von Super-Tuskern bilden. Das beinahe 30 Jahre bestehende  Moratorium zeigt, dass es Alternativen zur Trophäenjagd gibt, welche den Schutz dieser grenzüberschreitenden Elefanten-Population ermöglichten, bei der es sich um ein echtes Weltnaturerbe handelt.

Statt der Trophäenjagd sollte der Fototourismus gefördert werden, der nachweislich für die Bevölkerung ein deutlich höheres Einkommen generiert und eine praktikable Alternative zur Unterstützung der Wirtschaft und der Gemeinschaft in der Region darstellt.

ATE forderte daher in einem gemeinsamen Appell mit ElephantVoices und der Big Life Foundation die Regierungen Tansanias und Kenias auf, beim Schutz dieser Population zusammenzuarbeiten, ihren unschätzbaren wissenschaftlichen Wert anzuerkennen und sicherzustellen, dass diese besonderen Elefanten vor Trophäenjägern geschützt werden. Außerdem verfasste der Trust zusammen mit weiteren NGOs, aber auch Unternehmen, eine Petition an die tansanische Regierung mit derselben Forderung.

Falls Sie es noch nicht getan haben, bitten wir Sie, diese Petition ebenfalls zu unterzeichnen:

https://bit.ly/Amboseli-Elephants-No-Trophy

Bitte, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um an die kenianische und tansanische Botschaft in Ihrem Land zu schreiben und sie aufzufordern, in dieser Angelegenheit tätig zu werden. Musterbriefe in Deutsch und Englisch sowie die Adressen der Botschaften in Tansania und Kenia finden Sie hier:

bit.ly/Appell_Botschaft_Tansania

bit.ly/Appell_Botschaft_Kenia

bit.ly/Adressen_Botschaften_Tansania_Kenia

Wir danken allen Unterstützerinnen und Unterstützern von ganzem Herzen – auch im Namen der Elefanten aus Amboseli,  von denen wir so viel über das Wesen, die sozialen Eigenschaften und emotionalen Fähigkeiten der Elefanten lernen konnten.

(Alle Fotos © Amboseli Trust for Elephants)

Amboseli News: April und Mai 2023

Kita von der KB-Familie, mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat

Die Ende März einsetzenden Regenfälle lösten eine bemerkenswerte Entwicklung aus, die sich durch mehrere Stürme im April und Mai fortsetzte. Insgesamt wurden 228 mm Regen verzeichnet. Dies führte innerhalb kürzester Zeit zu blühenden Landschaften innerhalb und außerhalb des Parks. Dem gesamten Ökosystem wurde neues Leben eingehaucht, und es verwandelte sich in ein üppiges und grünes Paradies.  Das widerstandsfähige Gras und die Bäume erholten sich rasch, verjüngten den Park und füllten seine unschätzbaren Nahrungsreserven wieder auf. Die Vegetation im Park ist eine wichtige Nahrungsressource für unzählige Tiere, vor allem während der Trockenzeiten. Wir hoffen von ganzem Herzen, dass die neue Vegetation ausreicht, um das Wohlergehen und die Ernährung von Menschen und Tieren bis zu den nächsten Regenfällen, die für November und Dezember erwartet werden, zu sichern.

Die Rückkehr des reichhaltigen und abwechslungsreichen Nahrungsangebots veranlasste viele Elefanten und andere Tiere, im April und Mai ausgedehnte Weideflächen außerhalb der Parkgrenzen zu erkunden. Diese Bewegung ermöglichte eine beschleunigte Regeneration der Vegetation innerhalb des Parks. Allerdings gab es auch einige Elefanten, die entweder im Park zurückblieben oder gerade jetzt zurückkehrten.

 

Die HB-Familie hat ein neues Baby
Die HB-Familie hat ein neues Baby

 

Die EBs beispielsweise haben den Park bereits Ende März verlassen, und das Team des Amboseli Trust for Elephants (ATE) hat sie seitdem nicht mehr gesehen. Wir hoffen mit dem ATE-Team, dass sich die seit der Dürre getrennt lebenden Familiengruppen wieder zusammengefunden haben und sie alle gesund und wohlbehalten zurückkehren werden. Wahrscheinlich wird dies im Juli oder August der Fall sein, wenn es wieder trockener wird. Besonders hoffen wir, dass sich auch Enid, nach allem was sie durchmachen musste, wieder gut erholt hat. Das ATE-Team freut sich sehr darauf, die EBs wiederzusehen, und ist gespannt, ob einige von ihnen in der Zwischenzeit vielleicht sogar neue Kälber bekommen haben oder schwanger geworden sind.

Die AAs verließen den Park hingegen nicht dauerhaft. Allerdings veränderten sie ihr Verhalten doch ein wenig. Früher waren sie so gut wie immer innerhalb der Parkgrenzen geblieben. Jetzt hielten sie sich nur tagsüber im Park auf und verließen ihn nachts, wenn weniger Menschen unterwegs waren, um die außerhalb liegenden Weideflächen zu nutzen.

Der Verlust von Matriarchin Astrid hat die Familie schwer getroffen, insbesondere ihre Tochter Annan. Die ältesten Kühe sind nun Anghared, geboren 1981, und Althea, geboren 1982. Das ATE-Team vermutet, dass sich die Familie höchstwahrscheinlich in drei Gruppen aufteilen wird: Angelina mit ihren Kälbern, Anghared und Ann mit ihren Kälbern, und Althea, Artemis und Arden mit ihren Kälbern zusammen mit Annan, die kein lebendes Kalb mehr hat. Wenn sich eine Familie teilt, ist es üblich, dass dies nach der matrilinearen Abstammung erfolgt. Artemis, Althea, Arden und Annan sind alle Nachkommen von Annabel, während Anghared und Ann Nachkommen von Alyce sind und Angelina von Amy abstammt. Die Zeit wird zeigen, wie sich die AAs letztlich tatsächlich entscheiden werden, aber im Moment sieht es so aus, als würden sie es vorziehen, sich in drei Gruppen aufzuteilen.

Das Leben in freier Wildbahn ermöglicht es den Elefanten, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen – eine wunderbare Freiheit, die für sie als hochkomplexe, soziale Tiere sehr wichtig ist. In Gefangenschaft fehlt ihnen diese Entscheidungsfreiheit, und darunter leiden sie sehr. Davon ist das ATE-Team nach 50 Jahren Forschungsarbeit überzeugt.

 

Calvin, ein Bulle aus der CB-Familie
Calvin, ein Bulle aus der CB-Familie

 

Sehr erfreulich war, dass Anns in diesem Jahr geborenes Kalb überlebt hat. Das Kalb ist sehr aktiv und verspielt. Die älteren weiblichen Kälber der Gruppe stehen ihm begeistert als Kindermädchen zur Seite.

Eine weitere Neuigkeit ist, dass Acholi kürzlich ihr erstes Kalb zur Welt gebracht hat. Acholi ist wie Arden und Astrid eine Tochter von Alison, die vor Astrid die Matriarchin der AAs war. Nachdem Alison und Astrid inzwischen beide gestorben sind, hat Acholi nur noch ihre Schwester Arden als nächste Verwandte. Arden wird sie bei ihrem Kalb unterstützen, und so wird es hoffentlich ebenfalls überleben.

Im Mai entdeckte allerdings Katito aus dem ATE-Forschungsteam, dass das Kalb in Not zu sein schien und sich nur schwer bewegen konnte. Katito alarmierte daher die Amboseli-Tierarzt-Einheit. Acholi verhielt sich verständlicherweise sehr beschützend und wollte das Tierarzt-Team nicht zu ihrem Kalb lassen. Daher musste auch sie narkotisiert werden, bevor der Tierarzt mit der Behandlung beginnen konnte. Dabei stellte sich heraus, dass das Kalb möglicherweise in ein Loch gefallen war und sich die Hüfte ausgerenkt hatte. Der Tierarzt versuchte, die Hüfte zu richten und gab dem Kalb ein Antibiotikum sowie ein entzündungshemmendes und schmerzstillendes Mittel. Das ATE-Team wird das Kalb weiter beobachten und hofft, dass die Behandlung erfolgreich war.

 

Kita von der KB-Familie, mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat
Kita von der KB-Familie mit ihrem Kalb, das die Dürre überlebt hat

 

Zu den Elefantenfamilien, die gerade jetzt in den Park zurückkehrten, gehörten die HBs und die KBs. Die HBs hatten ein neues Kalb in ihrer Mitte, und bei den KBs hatte das Kalb von Kita die Dürre erfreulicherweise ebenfalls überlebt.

Auch einige Bullen konnten gesichtet werden, darunter Calvin von den CBs, Tor von den TAs und X52.

X52 hat seinen eigenartigen Namen dem Umstand zu verdanken, dass er zu jenen Bullen gehört, die eines Tages im Park auftauchten, ohne dass man sie einer bestimmten Familie zuordnen konnte. Sie erhalten daher als Bezeichnung ein „X“ und eine fortlaufende Nummer. Bei einigen von ihnen handelt es sich wahrscheinlich um Bullen, die aus einem völlig anderen Gebiet stammen, beispielsweise Tsavo West, und die hierher gewandert sind. Andere könnten hingegen tatsächlich von einer in Amboseli ansässigen Familie abstammen, die sie in jungen Jahren verlassen haben, um jahrelang in weit entfernten Gebieten umherzuwandern, und nun, mit völlig verändertem Aussehen, zurückzukehren. In ihrem Fall könnte es vielleicht möglich sein, sie eines Tages zu identifizieren. Vor allem, wenn einmal eine tierärztliche Behandlung nötig sein sollte und in ihrem Rahmen eine Blutprobe genommen wird, um sie auf ihre genetische Verwandschaft mit Amboseli-Familien zu untersuchen.

 

X52, ein Bulle unbekannter Herkunft, genießt die frische Vegetation
X52, ein Bulle unbekannter Herkunft, genießt die frische Vegetation

 

Ein völlig aus dem Rahmen fallendes Verhalten zeigten die GBs! Eigentlich sind sie in zwei Untergruppen aufgeteilt, die von Golda und Gail geführt werden. Schon während der Dürre teilten sie sich kaum in kleinere Grüppchen auf, sondern blieben meistens zusammen. Trotzdem hatten sie es geschafft zu überleben. Nun waren sie sehr regelmäßige Besucher im zentralen Teil des Parks, in dem sich auch das ATE-Forschungscamp befindet. Beide Familienteile verbrachten viel Zeit miteinander. Wenn sie alle zusammen eine riesige Gruppe von über 50 Elefanten bilden, ist das ein unglaublicher Anblick.

Am 16. Mai gab es etwas Aufregung um Glenn, den elfjährigen Sohn Goldas. Bei ihm war ein Stück Draht, das offenbar von einem schlecht gewarteten Zaun außerhalb des Parks stammte, um ein Hinterbein gewickelt. Dieses saß zwar noch recht locker und verursachte keine Schmerzen, doch das konnte sich jederzeit ändern. Daher wurde Dr. Limo von der mobilen Tsavo-Tierarzt-Einheit um Hilfe gebeten, und sowohl ATE wie der Kenya Wildlife Service (KWS) schickten Teams zu seiner Unterstützung. Dies war dringend notwendig, da sich auch die GBs sehr beschützend verhielten. Golda versuchte sogar, den Hubschrauber des Tierarzt-Teams abzuwehren, der die Familie auf Abstand halten sollte. Dank der vorbildlichen Zusammenarbeit aller Teams gelang es aber schließlich, Glenn zu narkotisieren und den gefährlichen Draht von seinem Bein zu entfernen. Gleich darauf erhielt er ein Gegenmittel zur Narkose, war schnell wieder auf den Beinen und konnte zu seiner Familie zurückkehren.

Die mobilen Tierarzt-Einheiten des KWS sind ein gemeinsames Projekt des Sheldrick Wildlife Trust und des Kenya Wildlife Service (KWS). Diese Veterinär-Einheiten retten viele Leben und haben ein sehr effizientes und professionelles Team zur Verfügung. Das ATE-Team ist sehr dankbar, dass ihm solche Ressourcen und Partner zur Verfügung stehen, die mit ihm zusammenarbeiten. Diese Operation war ein gutes Beispiel dafür, wie die Kooperation verschiedener Organisationen und der sinnvolle Einsatz von Spendengeldern der Tierwelt effektive Hilfe leisten.

 

Georgia aus der GB-Familie
Georgia aus der GB-Familie

 

Andere Familien wie die FBs wurden zwar nicht regelmäßig, aber zumindest gelegentlich gesichtet. ATE-Teams konnten Facebook, Fortino, Freshet und Frost finden und ihren aktuellen Zustand überprüfen. Sie sahen jetzt schon etwas besser aus. Einige von ihnen hatten während der Dürre stark an Kondition verloren, aber jetzt, wo es wieder ausreichend Futter gibt, sollte sich ihre körperliche Verfassung schnell verbessern.

Auch von den PCs wurden in den letzten Monaten sowohl Placidas als auch Petulas Teile der Familie gesehen. Petula hielt sich mit ihrer Gruppe oft in einem Gebiet in der Nähe des ATE-Camps auf. Pleiades hatte ein neues weibliches Kalb. Ihr anderes lebendes Kalb Photius, das 2015 geboren wurde, ist viel älter und ein Bulle. Er zeigt daher kein besonders großes Interesse an seiner neuen kleinen Schwester.

Placidas Gruppe ist mit der Geburt des ersten Kalbes von Pilapila, einem kleinen, aber gesunden Mädchen, noch ein wenig gewachsen. Pilapila ist die Tochter von Patience, so dass Patience jetzt sowohl Mutter als auch Großmutter ist. Pilapila ist elf Jahre alt, was bedeutet, dass sie ihr Kalb im Alter von nur neun Jahren gezeugt hat. Das ist zwar ein bisschen jung, aber nicht ungewöhnlich. Pilapila wird von ihrer Mutter angeleitet und von ihrer jüngeren Schwester Patsy unterstützt. Weibliche Elefanten arbeiten bei der Aufzucht ihrer Jungen zusammen, doch Milch erhalten die Kälber normalerweise nur von ihrer Mutter und gelegentlich Großmutter.

 

Tor, ein Bulle aus der TA-Familie
Tor, ein Bulle aus der TA-Familie

 

Zu den Familien, die den Park komplett verlassen haben und daher weder im April noch im Mai gesehen wurden. gehörten die OAs. Sie befinden sich jetzt auf Gemeinschaftsländern der lokalen Bevölkerung, welche den Park umgeben. Diese Gebiete werden für die Zukunft der Amboseli-Elefanten von entscheidender Bedeutung sein. Da der Park selbst zu klein ist, sind die Elefanten darauf angewiesen, auch außerhalb liegende Weideflächen zu nutzen. Die hier lebenden Massai hatten dies als Viehzüchter jahrhundertelang toleriert. Doch heute wandelt sich ihre Lebensweise zusehends. Viele wenden sich dem Ackerbau zu und einst kommunale Weideflächen werden in private Parzellen aufgeteilt. Das birgt eine Vielzahl neuer Konflikte. ATE hat Verständnis für den Wunsch der Menschen nach Veränderung und Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse, will aber auch sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Elefanten berücksichtigt und bestehende Naturschutzprojekte fortgesetzt werden. Dies erfordert viel Arbeit und Kommunikation mit den Gemeinden. ATE konzentriert seine Bemühungen zunächst auf bereits bestehende Projekte, entwickelt aber auch neue Initiativen, um nachhaltigere und effizientere Methoden zur Bewältigung der neuen Herausforderungen zu entwickeln. Anfang des Jahres hat ATE daher eine Spezialistin für die Interaktion zwischen Mensch und Elefant eingestellt, die ein zweijähriges Projekt in Zusammenarbeit mit der Big Life Foundation leitet. Durch dieses Projekt sollen weitere Verbesserungen der bestehenden Lösungen für die Koexistenz von Menschen und Elefanten entwickelt werden.

Es wurden bereits erste Maßnahmen ergriffen, die es den Elefanten ermöglichen sollen, weiterhin so durch das Land zu ziehen, wie sie es schon immer getan haben. Einige Anpassungen werden notwendig sein, aber Elefanten sind sehr intelligent und können lernen, sich an Veränderungen in ihrer Umgebung anzupassen – jedenfalls, wenn bestimmte Bedingungen berücksichtigt werden. Um dies zu gewährleisten, hat das ATE-Team an den Landaufteilungsplänen mitgewirkt und seine Daten aus 50 Jahren Forschungsarbeit zur Verfügung gestellt, damit die Planer die nötigen Informationen haben, um die Bedürfnisse der Wildtiere im Aufteilungsplan bestmöglich berücksichtigen zu können. Die Expertise des ATE wird angesichts der sich schnell verändernden, vom Menschen geprägten Welt in Zukunft immer wichtiger werden.

Es ist eine enorme Herausforderung, das Überleben der Elefanten in Amboseli auch für künftige Jahrzehnte zu sichern. Schätzungen der UN gehen davon aus, dass das menschliche Bevölkerungswachstum noch ca. 60 Jahre andauern wird, bevor es zu einem Stillstand kommt und noch länger, bevor die menschliche Bevölkerung zahlenmäßig wieder abnimmt. Doch andererseits bestehen gerade im Amboseli-Gebiet so viele langjährige gute Beziehungen zwischen der lokalen Bevölkerung, die auch vom Tourismus profitiert, den verschiedenen NGOs und dem KWS, dass es noch immer eine Chance gibt, hier eine Entwicklung zu erreichen, die auch den Elefanten und anderen Wildtieren eine Chance gibt.