Amboseli News: Februar und März 2024

Georgia von den GBs und ihr jüngstes Kalb

Amboseli News: Februar und März 2024

 

Im Februar und März diesen Jahres war Amboseli mit reichlich Regen gesegnet. Die Niederschläge hatten bereits im Dezember begonnen, hielten bis in den Februar hinein an und bewirkten ein üppiges Pflanzenwachstum. Überall gab es für die Elefanten Nahrung und Wasser im Überfluss. Auch in sonst wasserlosen Gebieten entstanden temporäre Wasserstellen, wodurch es den Elefanten möglich wurde, Weidegründe aufzusuchen, die sie sonst nicht nutzen können.

Wie üblich bei so guten Bedingunge verteilten sich die Elefanten im gesamten Amboseli-Ökosystem. Immer weniger Elefanten wurden noch innerhalb des Parks gesichtet, da sich viele nun außerhalb aufhielten. Die EB-Familie mit ihrer Matriarchin Enid bekam das Team des Amboseli-Trust for Elephants (ATE) überhaupt nicht zu sehen. Vermutlich waren sie wieder einmal über die Grenze ins benachbarte Tansania gezogen, wo sie die Regenzeit gerne verbringen.

 

Georgia von den GBs und ihr jüngstes Kalb
Georgia von den GBs und ihr jüngstes Kalb

Auch andere Familien wurden nur selten oder gar nicht im Park angetroffen, beispielsweise die FBs und die OAs. Die FBs sah das ATE-Team zumindest noch im Februar einige Male. Dabei stellte sich heraus, dass Freshet zum ersten Mal ein Kalb bekommen hatte – ein Mädchen, das wahrscheinlich Ende Januar oder Anfang Februar geboren wurde. Fortino wurde dadurch zum ersten Mal Großmutter. Sie wird ihre Tochter Freshet sicher gut unterstützen. Vor allem, wenn Elefantenkühe das erste Mal Nachwuchs bekommen, sind erfahrene Großmütter sehr hilfreich.

Facebook, Fortino und ihre Nachkommen haben sich von Flossie und den anderen FBs getrennt. Es bleibt aber abzuwarten, ob es sich hier um eine dauerhafte Teilung der Familie handelt oder ob dies nur eine vorübergehende Phase ist. Es gab allerdings auch Familien, die im Park zurückgeblieben waren, darunter die PCs. Diese Familie konnte bei verschiedenen Gelegenheiten beobachtet werden, und alle Mitglieder schienen gesund und zufrieden zu sein. Oft hielten sie sich sogar in der Nähe des ATE-Camps auf, ebenso wie die AAs, LDs und GBs.

 

Arden und ihr neues Kalb
Arden und ihr neues Kalb

Die AAs sind eine besonders standorttreue Familie und bleiben die meiste Zeit im zentralen Teil des Parks. Nach dem Tod ihrer Matriarchin Astrid hatten sie sich in mehrere Gruppen aufgeteilt, doch jetzt waren sie öfter wieder alle zusammen anzutreffen. Das ATE-Team freute sich sehr darüber, denn da die AAs eine der kleineren Familien sind, wäre es sehr gut, wenn sie zusammenblieben, um sich gegenseitig zu unterstützen. Angelinas neuestes Kalb gedeiht prächtig, und seine ältere Schwester erweist sich als ausgezeichnetes Kindermädchen. Am 14. Februar brachte Arden ein weibliches Kalb zur Welt, das lebhaft ist und gerne mit Angelinas Kalb spielt.

 

Ardens und Angelinas Babys spielen miteinander
Ardens und Angelinas Babys spielen miteinander

Auch Goldas Familienzweig von den GBs begegnete das ATE-Team fast täglich innerhalb oder zumindest in der Nähe des Parks. Gails Gruppe wurde hingegen nur einmal, Anfang Februar, gesichtet. Tatsächlich waren es insgesamt nur wenige Familien, welche innerhalb der Parkgrenzen blieben. Doch gerade, weil die meisten anderen den Park verließen, erholte sich dessen Vegetation in bemerkenswerter Weise, so dass die Zurückgebliebenen erstklassige Weidegründe nutzen konnten – und das, ohne weite Wanderungen zurücklegen zu müssen. Dadurch optimierten sie  ihre körperliche Verfassung besonders schnell.

 

Golda und ihr jüngerer Sohn Glenn
Golda (links) und ihr jüngerer Sohn Glenn (mitte)

Amboseli bot eine atemberaubende Landschaft, und regelmäßig war auch der Kilimandscharo zu sehen, der gleich hinter der Grenze in Tansania steht. Obwohl zwischen Kenia und Tansania normalerweise gute Beziehungen bestehen, kam es in letzter Zeit zu Meinungsverschiedenheiten speziell im Bereich des Natur- und Artenschutzes, von denen auch ein Teil der Elefanten aus Amboseli betroffen war.

Während in Kenia seit mehr als 40 Jahren ein Verbot der Trophäenjagd gilt, ist diese in Tansania weiterhin erlaubt. Dies gefährdet nun auch jene Elefanten aus Amboseli, welche als sogenannte Cross-Boarder-Population regelmäßig in den Norden Tansanias wandern, vor allem in ein Gebiet namens Enduimet.

Die Elefantenpopulation in Amboseli besteht aus 63 Familien. 17 von ihnen, die insgesamt 365 Mitglieder zählen, sowie 30 unabhängige Bullen in  einem Alter von mehr als 25 Jahren bilden die Cross-Boarder-Population. Unter ihnen findet man einige Bullen mit den größten Stoßzähnen des Kontinents, sogenannte Super-Tusker. Darunter versteht man Elefanten, die mindestens einen Stoßzahn mit einem Gewicht von wenigstens 100 Pfund besitzen. Die Existenz dieser Super Tusker ist auch ein Beweis für die Wirksamkeit des jahrzehntelangen Schutzes vor Trophäenjagd und Wilderei.

 

Genesis aus der GB-Familie
Genesis aus der GB-Familie

Da Super Tusker ältere Bullen sind, spielen sie für die Elefanten-Gesellschaft eine sehr wichtige Rolle. Ihr Alter belegt, dass sie gesund und fit sind und sehr gute Gene besitzen, die sie an möglichst viele Nachkommen weitergeben sollen. Tatsächlich zeugen Elefantenbullen bis ins hohe Alter Nachwuchs. Da die jährlichen Musth-Perioden der älteren Bullen besonders lange dauern und da diese außerdem von den Kühen bevorzugt werden, sind sie in dieser Beziehung sogar deutlich erfolgreicher als jüngere Bullen – ganz entgegen den Behauptungen von Trophäenjägern, die alte Bullen gerne als „Totes Holz“ bezeichnen. Darüber hinaus dienen die älteren Bullen als Lehrer der jüngeren und bringen diesen zum Beispiel auch das korrekte Sozialverhalten bei. Wenn die Jäger diese älteren Bullen töten, stören sie massiv das soziale Leben in den Elefanten-Gesellschaften und gefährden außerdem die genetische Vielfalt und das ökologische Gleichgewicht der gesamten Elefanten-Population eines bestimmten Gebiets.

Tansania hatte allerdings zumindest für den Norden des Landes ein Jagdverbot  erlassen, welches auch die Amboseli-Elefanten in Enduimet schützte und fast 30 Jahre Bestand hatte. Nun aber beendete die aktuelle tansanische Regierung dieses Moratorium und gab auch den Norden des Landes wieder für die Trophäenjagd auf Elefanten frei. Die Jäger haben es (zumindest derzeit) nicht auf die Kühe abgesehen, so dass Familiengruppen wie die EBs und GBs in Tansania nicht besonders gefährdet sind. Doch die Bullen sind jetzt im Visier der Jäger.

Seit September 2023 wurden bereits fünf ausgewachsene männliche Elefanten getötet. Die Identifizierung der Opfer hat sich als schwierig erwiesen, da die Jäger deren Körper oft verbrennen, um ihre Identität zu verschleiern. Dennoch ist es ATE gelungen, Fotos des zuerst getöteten Bullen zu erhalten, der als Gilgil aus der GB-Familie identifiziert werden konnte. Gilgil war 36 Jahre alt und ein Sohn von Matriarchin Golda.

 

Gilgil im Jahr 2016
Gilgil im Jahr 2016 (zum Zeitpunkt seines Todes war er noch größer und eindrucksvoller)

ATE-Gründerin und Projekt-Direktorin Cynthia Moss und ihr Team waren erschüttert, als sie davon erfuhren. Sie versuchen seitdem alles in ihrer Kraft Stehende, um die weitere Erteilung von Jagdlizenzen auf die Cross-Boarder-Population zu verhindern. Dies begründen sie vor allem mit deren Einzigartigkeit und ihrer wissenschaftlichen Bedeutung als Gegenstand der ältesten Langzeitstudie über das Verhalten wildlebender Elefanten sowie der Tatsache, dass sie eine der letzten Hochburgen des Genpools von Super-Tuskern bilden. Das beinahe 30 Jahre bestehende  Moratorium zeigt, dass es Alternativen zur Trophäenjagd gibt, welche den Schutz dieser grenzüberschreitenden Elefanten-Population ermöglichten, bei der es sich um ein echtes Weltnaturerbe handelt.

Statt der Trophäenjagd sollte der Fototourismus gefördert werden, der nachweislich für die Bevölkerung ein deutlich höheres Einkommen generiert und eine praktikable Alternative zur Unterstützung der Wirtschaft und der Gemeinschaft in der Region darstellt.

ATE forderte daher in einem gemeinsamen Appell mit ElephantVoices und der Big Life Foundation die Regierungen Tansanias und Kenias auf, beim Schutz dieser Population zusammenzuarbeiten, ihren unschätzbaren wissenschaftlichen Wert anzuerkennen und sicherzustellen, dass diese besonderen Elefanten vor Trophäenjägern geschützt werden. Außerdem verfasste der Trust zusammen mit weiteren NGOs, aber auch Unternehmen, eine Petition an die tansanische Regierung mit derselben Forderung.

Falls Sie es noch nicht getan haben, bitten wir Sie, diese Petition ebenfalls zu unterzeichnen:

https://bit.ly/Amboseli-Elephants-No-Trophy

Bitte, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um an die kenianische und tansanische Botschaft in Ihrem Land zu schreiben und sie aufzufordern, in dieser Angelegenheit tätig zu werden. Musterbriefe in Deutsch und Englisch sowie die Adressen der Botschaften in Tansania und Kenia finden Sie hier:

bit.ly/Appell_Botschaft_Tansania

bit.ly/Appell_Botschaft_Kenia

bit.ly/Adressen_Botschaften_Tansania_Kenia

Wir danken allen Unterstützerinnen und Unterstützern von ganzem Herzen – auch im Namen der Elefanten aus Amboseli,  von denen wir so viel über das Wesen, die sozialen Eigenschaften und emotionalen Fähigkeiten der Elefanten lernen konnten.

(Alle Fotos © Amboseli Trust for Elephants)

ATE News: April und Mai 2020

Junge Elefantenkuh aus Amboseli

News vom Amboseli-Trust-for-Elephants – die Monate April und Mai 2020:

 

Nachdem es Mitte März wegen der COVID-19-Pandemie auch in Kenia zu einem Ende des Tourismus gekommen war präsentierte sich der Amboseli-Nationalpark im April und Mai fast völlig frei von Besuchern. Für das Team des Amboseli Trust for Elephants, welches weiterhin in seinem Camp arbeitete, war dies zwar einerseits eine wunderbare Situation, ein echtes Privileg, die großartige Natur Amboselis exklusiv genießen zu dürfen ohne irgend ein anderes Fahrzeug zu sehen. Doch gleichzeitig löste diese Entwicklung große Sorgen aus, denn ohne Besucher fehlten sowohl dem Park wie der benachbarten Bevölkerung wichtige Einnahmen. Der Kenya Wildlife Service bestreitet mit diesen unter anderem seine Unterhaltskosten und die Gehälter seiner Mitarbeiter. Somit bilden sie eine Grundvoraussetzung für den Schutz der Nationalparks und Reservate. Speziell Amboseli ist einer der meistbesuchten Parks in Kenia und deshalb eine Haupteinnahmequelle für den KWS. Die Einnahmen aus Amboseli tragen dazu bei auch andere, weniger besuchte Nationalparks des Landes zu erhalten und zu schützen.

 

Elefantenkuh in Amboseli
Elefantenkuh in Amboseli

 

Der Schutz der Elefanten und anderen Wildtiere im Amboseli-Ökosystem hängt auch stark von den benachbarten Menschen ab, vor allem den Massai. Diese leben Seite an Seite mit den Wildtieren und zeigten ihnen gegenüber bisher große Toleranz. Was einerseits an ihren Traditionen lag, welche die Jagd weitgehend ablehnten, andererseits aber auch an den positiven Auswirkungen des Fototourismus, der Jobs und Einnahmen durch den Verkauf von Kunsthandwerk usw. generierte. Als nun diese wichtigen Einnahmen so plötzlich ausblieben, gerieten viele Familien in ernste finanzielle Notlagen. Das könnte die Einstellung der Menschen gegenüber den Wildtieren sehr negativ verändern. Die Coronavirus-Pandemie wird für den Artenschutz weltweit zu einer großen Belastung. Doch gerade Gebiete wie Amboseli, die sich bisher weitgehend durch den Tourismus finanziert hatten, sind besonders gefährdet.

 

Die kenianische Regierung hat insgesamt sehr gut auf das Virus reagiert und ihr Bestes getan, um die Not der Bevölkerung zu lindern. Auch die Naturschutz-Aktivitäten wurden bis jetzt aufrecht erhalten. Doch trotzdem war im ganzen Land ein Anstieg der Buschfleisch-Wilderei festzustellen. Finanzielle Not brachte immer mehr Menschen dazu Wilderei zu riskieren, um ihre Familien zu ernähren.

Man kann derzeit nur hoffen, dass die Pandemie bald endet und sicheres Reisen wieder möglich wird, damit der Tourismus wieder für Einnahmen sorgt.

 

Elefantenfamilie in den Sümpfen
Elefantenfamilie in den Sümpfen

 

Amboseli selbst bot in diesen Monaten einen spektakulären Anblick! Im April wurden 80mm Niederschlag gemessen und einige Gebiete waren erneut überflutet. Im Mai gingen die Regenfälle dann etwas zurück und es wurden nur noch 16 mm verzeichnet. Dadurch hatte das Land nun Zeit, um die enormen Niederschläge des letzten Monats aufzunehmen.

 

Auch der Babyboom bei Amboselis Elefanten setzte sich fort! Bis April wurden über 100 neugeborene Kälber registriert! Ein wunderbarer Beweis für die Kraft des Lebens, nach den schlimmen Dürrejahren 2016 und 2017.

 

Elefanten beim Grasen in der Savanne.
Elefanten beim Grasen in der Savanne.

 

Angelina’s Zwillingen ging es ebenfalls sehr gut. Sie verbrachten mit ihrer Mutter und ihrer Familie, den AA’s, die meiste Zeit innerhalb des Parks. Das weibliche Kalb war etwas kleiner als das männliche, aber das ist normal, da Bullenkälber generell schneller wachsen als Kuhkälber. Dafür benötigen sie allerdings auch mehr Kalorien – ein Risiko in schlechten Jahren.

Ende April erhielt die AA-Familie noch weiteren Zuwachs, als Andrea ein weibliches Kalb zur Welt brachte.

 

Schlafendes Elefantenkalb
Dieses Elefantenkalb schläft im Stehen.

 

Leider erlitten die AAs in diesem Monat aber auch einen schrecklichen Verlust: Alexandra starb am 21. April. Bereits am 17. April war dem ATE-Team ein krank aussehender Elefant gemeldet worden und Katito machte sich sofort auf die Suche nach ihm, fand ihn aber erst vier Tage später. Elefanten können erstaunlich schwer zu finden sein, wenn sie unentdeckt bleiben wollen. Sie scheinen dann wie vom Erdboden zu verschwinden und manchmal dauert es Tage oder sogar Wochen, sie aufzuspüren. Als Katito den Elefanten endlich fand, erkannte sie sofort, dass es Alexandra war und diese sich in einem sehr schlechten Zustand befand. Katito alarmierte umgehend den Tierarzt, doch leider konnte dieser nicht mehr helfen. Bei der hochschwangeren Alexandra hatten die Wehen eingesetzt, aber es gab Komplikationen. Ihr Kalb war männlich und ungewöhnlich groß, so dass Alexandra es einfach nicht gebären konnte. Es war entsetzlich, dies mitansehen zu müssen ohne helfen zu können.

Geburtskomplikationen kommen bei Elefanten nicht häufig vor aber ATE hat im Laufe der Jahre doch mehrere Fälle registriert. Die Gründe dafür können Stress oder ein Problem mit dem Fötus selbst sein. In Alexandras Fall fiel auf, dass das Kalb für ein Neugeborenes wirklich groß war – zu groß. Es gab nichts, was der Tierarzt hätte tun können, um ihr zu helfen.

 

Während Katito und der Tierarzt bei Alexandra waren befanden sich die AAs gerade nicht in ihrer Nähe. Doch gab es Anzeichen dafür, dass sie vorher bei ihr gewesen waren. Und natürlich werden sie ihren Tod realisieren, um sie trauern und von Zeit zu Zeit zurückkehren, um ihre sterblichen Überreste als Teil ihres Trauerprozesses zu besuchen.

 

Auch im Leben der Elefanten liegen Freude und Leid oft nah beieinander. Die Geburt von Angelina’s Zwillinge war eines er wundervollsten Ereignisse seit langem – und Alexandra’s Tod eines der furchtbarsten. Und so wird das Leben weitergehen – mit allen Höhen und Tiefen.

 

Ein schon großes Kalb mit seiner Mutter.
Ein schon großes Kalb mit seiner Mutter.

 

So kam es im April zu einigen weiteren wichtigen Ereignissen bei den AA’s: Ann und Acholi waren im Östrus. Acholi ist Alisons Tochter und erst acht Jahre alt. Sie befand sich das erste Mal im Östrus. Ihre Mutter war viele Jahre, bis zu ihrem Tod, die Matriarchin der AAs und jetzt hat ihre ältere Tochter Astrid diese Aufgabe übernommen. Es ist schön, dass Alison’s Linie durch ihre Töchter weitergeführt wird.

Der erste Östrus kann für eine Kuh eine anstrengende Zeit sein, da sie nicht genau weiß, was passiert und wie sie es am besten vermeiden kann, ständig von Bullen verfolgt zu werden. Da ist es sehr hilfreich, wenn sie durch ihre Mutter oder andere ältere Familienmitglieder unterstützt wird, die ihr helfen die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Ann ist eine erfahrene Kuh und hatte mehrere Bewerber, die ihr folgten. Einer war Pascal, der sich in  Musth befand und sie bewachte. Das ATE-Team hat zwar nicht gesehen, wie sie sich paarten, aber es ist trotzdem möglich, dass es dazu kam, weil das Team nicht immer vor Ort bleiben konnte. Pascal ist ein großer Bulle mit einem Alter von 40 Jahren, der Sohn Patricia’s aus der PC-Familie. Andere Bullen, die auf eine Chance zur Paarung hofften, waren Gilgil, Goldas 33 jähriger Sohn aus der GB-Familie, und Meshach, Milly’s 26 jähriger Sohn aus der MB-Familie. Beide sind viel jünger als Pascal und stellten keine ernsthafte Konkurrenz für ihn dar. So empfand er ihre Anwesenheit nicht als sonderlich störend. Junge Bullen folgen oft älteren Musth-Bullen und beobachten ihr Paarungsverhalten, um dadurch wichtige Fähigkeiten für die Zukunft zu erlernen.

 

Junger Elefantenbulle
Junger Elefantenbulle

 

Einige Familien, die sich normalerweise fast immer innerhalb der Parkgrenzen aufhalten, wurden im April und Mai nicht gesehen. Darunter die EB’s, die man auch schon während der  Vormonate nicht entdeckt hatte. Etwas ungewöhnlich, doch genaugenommen war es ja in vielerlei Hinsicht ein sehr ungewöhnliche Zeit. Mit den äußerst reichhaltigen Regenfällen änderten viele Elefanten ihre Wanderungen und die EBs haben bereits im letzten Jahr ein zunehmendes Interesse an Gebieten außerhalb des Parks gezeigt. Das ATE-Team geht aber davon aus, dass sie mit Enid eine ebenso erfahrene wie vorsichtige Matriarchin haben, die sie sicher durch das Amboseli-Ökosystem führen wird. Doch natürlich hoffen alle die EB’s bald wiederzusehen und sind gespannt ob es auch bei ihnen Nachwuchs gab.

 

Andere Familien blieben hingegen weiterhin im Park und wurden regelmässig beobachtet. So beispielsweise die PC’s, vor allem auch Petula’s und Placida’s Gruppen. Sie kamen oft direkt in das ATE-Camp und es war schön und interessant zu beobachten, wie ihre kleinen Kälber langsam immer verspielter und neugieriger wurden. Man konnte gut sehen, wie sie anfingen ihre Umwelt zu erkunden – die physische Umgebung ebenso wie ihr soziales Umfeld. Außerdem übten sie auch praktische Fähigkeiten, wie die effektive Benutzung ihres Rüssels.

 

Ein bereits größeres Kalb
Ein bereits größeres Kalb in den Amboseli-Sümpfen.

 

Auch die FB’s und GB’s konnten zumindest gelegentlich beobachtet werden. Bei den FB’s brachte Fadila im April ein männliches Kalb zur Welt, nachdem Farida bereits im Februar ein weibliches Kalb bekommen hatte. Und bei den GB’s wurden im April zwei Neugeborene entdeckt: Genesis hatte einen Jungen und G-Mail eine Tochter. Allen diesen Familien, speziell auch den Müttern und ihren Kälbern, ging es sehr gut!

 

Leider gab es aber neben den AA’s weitere Familien, die trotz der allgemein guten Bedingungen schlimme Erfahrungen machen mussten. Dazu gehörten die OA’s. Das ATE-Team hatte diese Familie lange Zeit nicht mehr gesehen. Umso trauriger war es, dass das erste Familienmitglied, dem man schließlich wieder begegnete, sich in keinem guten Zustand befand. Am 7. April fanden ATE-Mitarbeiter Okanja. Sie lag am Boden und war offensichtlich in sehr schlechter Verfassung.  Ihr 2-jähriger Sohn wirkte verzweifelt und versuchte sie zu anzuheben – erfolglos. Offensichtlich musste Okanja bereits seit einiger Zeit krank sein, weil sie sehr dünn und schwach war. Der Tierarzt wurde sofort informiert, doch noch bevor er ankam starb Okanja. Sie war erst 16 Jahre alt.

Und es ist nicht einmal klar an woran sie litt. Der Tierarzt untersuchte sie, konnte aber nur feststellen, dass sie abgemagert war. Es gab keine Wunden oder andere offensichtliche Anzeichen dafür, was das Problem gewesen sein könnte.

 

Elefantenkuh mit abgebrochenem Stoßzahn
Elefantenkuh mit abgebrochenem Stoßzahn

 

Okanja’s Sohn blieb bei ihr. Da er bereits über zwei Jahre alt ist und seine Familie sich um ihn kümmern und gegen Gefahren beschützen wird, hat er gute Chancen, in der Wildnis zu überleben. Wahrscheinlich wird ihn hauptsächlich eine seiner Tanten, vielleicht Ololua oder Orora, betreuen. Wäre er auf sich allein gestellt so hätte er noch kaum Überlebenschancen. In diesem Fall würde ATE den Sheldrick Wildlife Trust informieren, der bereits jahrzehntelange Erfahrung in der Rettung, Aufzucht und späteren Auswilderung von verwaisten Elefantenkälbern besitzt. Doch natürlich ist es immer die bessere Alternative wenn ein verwaistes Kalb, sobald es nicht mehr milchabhängig ist, bei seiner natürlichen Familie bleiben kann.

 

Bei manchen Elefantenfamilien, wie den AA’s, sind meistens alle Mitglieder in einer Gruppe zusammen. Bei anderen hingegen findet häufig eine Aufteilung in Untergruppen statt. Dazu gehören auch die OA’s, die nach dem Tod ihrer ehemaligen Leitkuh Orabel jetzt oft in kleinen und kleinsten Splittergruppen angetroffen werden. So wurde beispielsweise Open mit Okota und Odo aber ohne Onyx & Omo River gesehen. Sie alle sind Orabels Töchter und bei ATE hatte man erwartet, dass sie zusammen bleiben würden, so wie sie es getan hatten, als Orabel noch lebte. Doch nun sieht es so aus, als hätte der Verlust von Orabel den Zusammenhalt der OA’s sehr geschwächt. Offenbar gelingt es der neuen Anführerin Olympia nicht alle zusammenzuhalten. Open befand sich einmal sogar bei der PA-Familie. Sie kennt diese Familie gut, da sie zu den sogenannten „Bond-Familien“ der OA’s gehört, also zu den besonders engen Freunden.

Elefanten beschränken ihre sozialen Beziehungen nicht auf ihre eigene Familie. Ihre Gesellschaft ist komplex und vielschichtig und erstreckt sich von der Familie über Bindungsgruppen/Bond-Groups bis hin zu Clans, Subpopulationen und der Gesamtpopulation. Elefantenfamilien verbinden sich auf all diesen Ebenen. In Amboseli pflegen einige Familien das ganze Jahr über enge freundschaftliche Bindungen. Es ist erwiesen, dass einige sich bei der Wahl ihrer Zusammenschlüsse tatsächlich eher von diesen freundschaftlichen Beziehungen als von „praktischen“ Gesichtspunkten, wie Entfernungen oder ökologischen Bedingungen, beeinflussen lassen. Die so gebildeten Bond-Groups scheinen somit auf Verwandtschaft, bestimmten gemeinsamen Erfahrungen und – vor allem – der Freundschaft zwischen Matriarchinnen zu beruhen.

 

Junge Elefantenkuh aus Amboseli
Junge Elefantenkuh aus Amboseli

 

Kontakte zwischen Familien hängen stark davon ab ob sie Teil derselben Bond-Group sind. Allerdings spielen auch noch weitere Faktoren eine Rolle, vor allem sozialer Art. Kleinere Familien können sich beispielsweise befristet oder auch dauerhaft zusammenschließen um sicherzustellen, dass stets ausreichend Kindermädchen vorhanden sind, welche die Mütter bei ihren Aufgaben unterstützen.

Auch das Alter und der Status der Matriarchin können sich entsprechend auswirken. Ältere Matriarchinnen ziehen Familien mit jüngeren Leitkühen an. Ihre gesammelten Erfahrungen und ihre Weisheit dienen als Quelle des Wissens für Familien, Bound-Groups und sogar die gesamte Population.

 

So war es also durchaus nicht außergewöhnlich, dass Open sich den PA’s angeschlossen hatte. Doch gleichzeitig scheint dies zu belegen, dass es Olympia nicht gelingt die OA’s zusammenzuhalten.  Olympia war immer sehr eigensinnig und ziemlich stur. Aus diesem Grund hatte sie sich auch einst von Orabels Gruppe getrennt. Doch Orabel war es offenbar gelungen die OA’s als eine Familieneinheit zusammenzuhalten. Sogar Olympia schien sie letztlich zu respektieren. Nun, da Orabel fehlt, erweisen sich die OA’s allerdings als sehr instabil. Dies muss aber nicht so bleiben. Manche Familien beginnen erst Monate oder Jahre nach dem Tod ihrer Matriarchin stärker zusammen zu wachsen. Erst die Zukunft wird also zeigen ob die OA’s wieder zu einer stabilen Einheit zusammenfinden oder ob sie sich dauerhaft aufsplittern bzw. eventuell auch anderen Familien anschließen werden.

 

Elefantenkuh mit Kuhreihern
Elefantenkuh mit Kuhreihern, den häufigen Begleitern der Grauen Riesen in Amboseli.

 

ATE wird ihre Entwicklung und die aller anderen Elefanten in Amboseli weiter verfolgen und gleichzeitig weiterhin für ihren Schutz kämpfen. Angesichts der aktuellen Situation sind wir besonders dankbar für jede Spende, die wir für das Projekt des Amboseli Trusts erhalten.

Wer diese wichtige Organisation und ihre Arbeit für die Elefanten in Amboseli unterstützen möchte kann uns eine Überweisung unter dem Stichwort „ATE“ auf unser Konto mit der

IBAN: DE30 2003 0000 0621 9182 83 und der BIC: HYVEDEMM300 zukommen lassen.

 

Oder ganz einfach per Paypal:

 

 

Wir danken allen Unterstützern im Namen des gesamten ATE-Teams und der Elefanten herzlich dafür!