Der 13. Mai 2009 war sowohl ein trauriger als auch ein guter Tag für die Elefanten aus der Gegend um die Mathews-Gebirgskette, die vom Milgis Trust und seinen Scouts überwacht wird. Traurig, weil schon wieder ein Elefantenbaby in eines der Wasserlöcher gefallen war. Dieses Mal an einem Ort namens Kudup entlang des ausgetrockneten Milgis-Flussbettes. Die gute Nachricht an diesem Tag war ein riesiger Regenguss, nachdem eine lange und harte Trockenzeit schon so vielen jungen Elefanten das Leben gekostet hat. Man hat die leblosen Körper zahlreicher Säuglinge und auch älterer Kälbchen gefunden, die das Wasser in den Löchern nicht erreichen konnten, weil der Pegel zu niedrig war, oder weil sie ihre Mütter an Wilderer verloren hatten, und die dann jämmerlich an Hitze und Durst zugrunde gingen.
Nach den heftigen Regenfällen gab es für die einheimischen Stammesangehörigen eigentlich gar keinen Grund, an die Brunnen am Flussbett des Milgis zu gehen, da es ja überall Wasser gab. Trotzdem – und zum Glück – kam zufällig ein Mann vorbei und hörte die Schreie des Babyelefanten aus einem der Löcher. Der Mann sah sich die Sache genauer an, und entnahm den Spuren, dass die Elefantenmutter versucht haben muss, das Baby zu befreien, denn überall um das Loch herum waren die Abdrücke ihrer Stoßzähne zu sehen. Allerdings war der Boden so hart und das Loch so tief, dass sie am Ende wohl aufgeben und ihr Baby für einen langsamen und qualvollen Tod zurücklassen musste. Man kann sich kaum vorstellen, welchen Schmerz diese Mutter dabei gefühlt haben muss.
Dem Passant gelang es, das Hauptquartier des Milgis Trust zu benachrichtigen, und schon wenig später war ein 5-köpfiges Rettungsteam vor Ort. Da das Baby bei seinen Befreiungsversuchen auf den Hinterbeinen stand, gelang es ihnen, eine Seilschlinge um den Oberkörper des Kälbchens zu einzufädeln und es aus dem Loch herauszuziehen. Offenbar hatte sie noch genügend Energie, denn als allererstes begann sie in ihrer Aufregung, ihre Retter umherzujagen. Diese versuchten ihr Bestes, um sie zu beruhigen. Irgendwann hatte man sie gebändigt und ihre Hinterbeine zusammengebunden, und ein Teil der Gruppe machte sich auf die Suche nach wilden Herden in der Nähe, unter denen sich vielleicht auch die Mutter des Babys befand. Der Milgis Trust positionierte seine Leute außerdem auf allen möglichen Anhöhen, um Ausschau nach Elefantenherden oder einzelnen Kühen zu halten. Alle hofften inständig, dass die Mutter und ihr Kälbchen wieder zusammengebracht werden könnten.
Während die Männer bei dem Unglücksbaby auf ein Wunder warteten, stürzte um 1:30 Uhr nachts weiter flussaufwärts plötzlich eine große Wasserwelle durch das ausgetrocknete Flussbett des Milgis. Hätte der Passant das Elefantenbaby nicht im Loch entdeckt, wäre es auf jeden Fall ertrunken. Diese kleine Waise war ein Glückspilz. Die Männer blieben den ganzen Tag und eine sehr lange und ungemütliche Nacht bei ihr, in der sie von hungrigen Hyänen umgeben waren, die bereits ein Auge auf das Baby geworfen hatten. Außerdem wollten sie eventuell auftauchende Elefantenherden oder womöglich sogar die Mutter auf keinen Fall verpassen. Aber lediglich ein alter Bulle plantschte durch das seichte Wasser im Flussbett, noch bevor die Sturzflut eintraf. Die Männer stellten sich auf eine hastige Flucht ein, sollte der Bulle aggressiv werden. Der aber nahm das laut schreiende Kälbchen kaum zur Kenntnis und zog weiter.
Gegen 5 Uhr morgens, kam dann der Schwall Regenwasser als massive Sturzflut auch bei den Männern und dem Elefantenbaby an, und mit dem ersten Tageslicht wurde die Suche nach wilden Elefanten oder gar der Mutter des Kälbchens wieder aufgenommen. Leider wurden nirgendwo Elefanten gefunden, offensichtlich sind sie nach der Abkühlung weitergezogen. Alle Gebete für eine Wiedervereinigung von Mutter und Kind halfen nichts und eine Evakuierung des kleinen Elefanten durch unseren Trust wurde unausweichlich. Am Nachmittag des 14. Mai 2009 wurde sie schließlich in Sicherheit geflogen, und auf Bitten ihrer Retter nannten wir sie Kudup – nach dem Ort, an dem sie an diesem schicksalsträchtigen Tag gerettet wurde.