Monatsbericht für die Nursery-Gruppe:
Der Verlust von Mawenzi am 8. August war für uns alle sehr schmerzlich. Schließlich war sie inzwischen fast zwei Jahre bei uns gewesen und wurde von Zweibeinern und Vierbeinern gleichermaßen geliebt. Mawenzi hatte schon längere Zeit gekränkelt und sprach auf keinen Therapieversuch an. Jetzt hat sie wenigstens keine Schmerzen mehr und beendete ihr kurzes Leben inmitten von Mitgefühl, Liebe und Fürsorge. In der Wildnis wäre es ihr wohl anders ergangen. Ruhe in Frieden, kleine Mawenzi, wir vermissen dich sehr!
Wir erhielten in diesem Monat zwei Rettungsrufe, und keiner von beiden nahm ein glückliches Ende. Beim ersten Anruf handelte es sich um ein etwa zweijähriges Kalb, das am 6. August auf der Sagalla Ranch an der Grenze von Tsavo-Ost gerettet wurde. Es war äußerst aggressiv als es in der Nursery ankam, trank jedoch ein wenig Milch aus einem Eimer. Wie so viele Waisen in seinem Alter, war er noch längst nicht über den Berg. Noch in der folgenden Nacht starb er nach einem Zusammenbruch und auch keine Infusion konnte ihn mehr retten. Der nächste Hilferuf erreichte uns von der Tassia Lodge in Laikipia, doch das Kälbchen starb noch während das Rettungsflugzeug mit ihm an Bord in Richtung Nairobi startete.
Es gibt jedoch auch ein paar gute Neuigkeiten: Murkas Wunden sind inzwischen gut verheilt und die Speerwunde an ihrem Kopf verschließt sich auch. Gelegentlich läuft ein bisschen Eiter heraus, aber ansonsten scheint alles gut zu heilen. Um die Wunde regelmäßig reinigen zu können und sie nicht immer wieder aufzuregen, bekommt Murka dann immer eine geringe Dosis Stresnil-® (ein Beruhigungsmittel mit dem Wirkstoff Azaperon, das man hierzulande auch Schweinen beim Transport verabreicht). Murka hat in der Zwischenzeit aber auch verstanden, dass die Keeper es gut mit ihr meinen und ihr nichts Böses wollen. Langsam aber sicher wird sie ein liebevoller und freundlicher kleiner Elefant. Sorge bereitet uns nur noch die Tatsache, dass sie ihren Rüssel noch immer nicht zum Saufen benutzen kann und weiterhin mit der Wasserflasche gefüttert werden muss. Wir hoffen, dass sich dieses Problem von selbst löst, sobald die Wunde wieder richtig verheilt ist.
Sie ist jetzt immer mit den anderen Nursery-Elefanten unterwegs und nimmt sogar am Schlammbad teil. Anfangs musste sie ja ferngehalten werden, weil wir Angst hatten, die vielen Zuschauer machten sie vielleicht noch nervöser. Als sie jedoch mit allen anderen zum Baden kam, ignorierte sie das Publikum schlichtweg und genoss eine gute Suhle. Mutara, die sich besonders viel um sie kümmert, passte auf wie ein Schießhund. Sie scheint wie gemacht für die Rolle einer späteren Leitkuh. Murka verbringt viel Zeit mit Makireti, den anderen Neuzugang in der Nursery. Sie ist viel lieber bei den Babies als bei ihren älteren Artgenossen, die von Suguta und Olare angeführt werden. Nur Melia ist gegenüber Murka und Makireti noch ein wenig garstig, von allen anderen werden sie nach wie vor vergöttert. Schließlich können sie alle verstehen, dass die beiden immer noch sehr unter dem Verlust ihrer Familien leiden müssen und Trost brauchen.
Kandecha hat sich inzwischen gut eingelebt und wurde zum Kampfpartner des feisten kleinen Chemi Chemi. Manchmal nimmt er es auch mit Kibo auf. Anfangs ließ Kandecha den teils sehr aufdringlichen Chemi Chemi noch gewähren, aber mittlerweile hat er genug Selbstbewusstsein, um sich zu wehren!
Shukuru ist besonders gerne als erste an der Milch und rennt der Gruppe zur Essenszeit immer davon. Konkurrenten sind nicht tolerierbar! Sities ist ein sehr verspieltes Baby und wird von allen verhätschelt. Sie hat sich jedoch für Suguta als Lieblingsleitkuh entschieden. Besonders enttäuscht darüber ist Olare. Sities erinnert uns alle an Wendi, denn auch sie veralbert am liebsten die Besucher am Schlammbad. Sie rennt an der Absperrung auf und ab und gestattet den Zuschauern, sie anzufassen. Besonders gerne erschreckt sie die afrikanischen Schulkinder auf Klassenfahrt, von denen die meisten noch nie im Leben einen Elefanten gesehen haben! Sie rennt auf sie zu, die Kinder schreien und laufen davon, und Sities fühlt sich unglaublich stark! Die Keeper vergleichen sie oft mit der schelmischen Lempaute. Innerhalb der Baby-Gruppe ist Sities eng befreundet mit Tano.
Kalama, eine sehr freundliche kleine Zeitgenossin, hat einen ganz besonderen Trick für all diejenigen Besucher, die eine Patenschaft übernommen haben. Mit ihren Vorderbeinen stützt sie sich auf die Stalltüre und „gibt“ den Besuchern „Bescheid“, dass sie da ist. Sie dürfen sie anfassen und mit ihr sprechen, und schon hat sie alle Herzen gewonnen!
Turkwell und Tumaren sind unzertrennliche Freunde und schlafen nachts auch in benachbarten Ställen. Beide sind inzwischen so sehr gewachsen, dass ihr Schlafplatz ihnen schon zu eng wurde. Zwischenwände wurden heraus getrennt, um ein wenig mehr Platz zu schaffen.
Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: August 2010
Die Trockenzeit hat begonnen, die Bäume verlieren ihre Blätter und die Suche nach Futter nimmt den größten Teil des Tages für die Waisenelefanten in Ithumba ein. Auch die wilden Elefanten inklusive der Kühe mit ihrem Nachwuchs kommen jetzt wieder häufiger zur Stalltränke, da die natürlichen Wasserlöcher einmal mehr ausgetrocknet sind.
Kilaguni, Chaimu und Sabachi haben sich gut eingelebt. Kilaguni ist besonders beliebt bei allen Ex-Waisen in Yattas und Wendis Gruppen, aber ganz besonders vernarrt in ihn ist Nasalot. Wann immer die Älteren die Jüngeren besuchen, legt sie selig ihren Rüssel auf seinen Rücken. Damit sie möglichst viel Zeit bei Kilaguni verbringen kann, ist Nasalot offenbar von Yattas in Wendis Gruppe „übergelaufen“. Manchmal kommt sie sogar allein oder mit ein bis zwei Mitgliedern der inzwischen wilden Herde. Von ihrer Junior-Leitkuh Loijuk werden alle drei Neuankömmlinge gleichermaßen geliebt. Loijuk ist verantwortlich, wenn die Älteren oder Nasalot nicht da sind.
Meibai, ehemaliges Nesthäkchen und von allen verwöhnt, musste in letzter Zeit ziemlich zurückstecken. Kilaguni, Chaimu und Sabachi sind nun einmal kleiner und lösen damit noch stärker die Mutterinstinkte der älteren Weibchen aus! Anfangs war er ein bisschen vergnatzt und eifersüchtig, aber langsam erwärmt sich das Verhältnis.
Zwar nur wenige Ex-Waisen, dafür aber täglich, verbrachten den Monat mit den Jüngeren. Meistens warteten sie schon morgens im Stallgelände, und wenn nicht dort, dann spätestens beim Grasen im Busch. Sie suhlten sich mittags gemeinsam im Schlamm und eskortierten sie abends zurück ins Nachtlager. Und fast immer hatten sie wilde Freunde im Schlepptau. Yatta spielt eine besondere Rolle für die Sättigung der Jüngsten. Sie ist es, die immer die Schirmakazien schüttelt, damit die Schoten herabfallen. Die sind sehr nahrhaft und werden in der Trockenzeit von allen Wildtieren in Tsavo verzehrt.
Mgeni, Yattas wilder Freund, konnte sich zwischen ihrer und Wendis Gruppe nicht so richtig festlegen. Er brachte noch einen weiteren wilden Kumpan mit, der sich inmitten der Elefantenwaisen auch wohl zu fühlen schien. Es war spannend zu beobachten, dass die Jüngsten am 8. August von einem wilden Elefanten abgeholt wurden! Er brachte sie in den Busch, wo die Ex-Waisen schon auf sie warteten. Am 11. August kamen Kora und Lualeni gemeinsam mit einem wilden Freund zum Saufen an die Stalltränke.
Naserian, die in der Nursery auch schon Mini-Leitkuh war, führte später diejenigen Waisen in Ithumba an, die noch von den Keepern gefüttert werden müssen. Inzwischen übernimmt sie immer mehr Aufgaben innerhalb Wendis Splitterguppe. Zurura entschied am 14. August eingenmächtig, dass er jetzt nicht mehr zu den Jüngeren sondern zu den großen „Wilden“ gehört. Er brauchte die Keeper nicht mehr zum Überleben und schloss sich Naserians kleiner Herde an. Dieser gehören auch Kora, Lualeni und manchmal auch Challa und Rapsu an. Er weigerte sich eines Abends in sein Nachtlager zurückzukehren und ging stattdessen mit Naserians Gruppe zurück in den Busch. Er wurde seither nur am 19. August noch einmal gesehen, als er mit Napasha und Nasalot auftauchte.
Der wilde Elefantenbulle, der von uns „Rafiki“ – der Freund – genannt wurde, ist der erste ausgewachsene wilde Elefantenbulle, der sich sowohl mit den Waisen als auch ihren Keepern angefreundet hat. Am 4. August war er gemeinsam mit Naserian und Nasalot auf dem Stallgelände. Die Keeper lieben ihn, und er bringt in der Trockenzeit immer wieder wilde Freunde zum Saufen an die Ställe. Anschließend bringt er sie mit den Jüngsten zusammen. Diese hatten im August viele wilde Besucher. Am 8. eine ganze Herde, am 6. zwei wilde Kühe mit ihren Kälbern, am 12. waren es zehn wilde Elefanten und am 17. sechs von ihnen.
Monatsbericht für die Voi-Gruppe:
Jetzt, da der Park sichtbar austrocknet, sind auch die Waisen in Voi mehr mit der Futtersuche als mit Spielen beschäftigt. Zum Glück gibt es innerhalb des umzäunten Gebietes vom Kenya Wildlife Service noch ein Reservat, wo sich die Waisen satt fressen konnten.
Der gesundheitliche Zustand unseres kleinsten Elefanten in der Gruppe, Kimana, bereitete uns große Sorgen. Eines Tages kam er mit einem geschwollenen Bein, so dass er es kaum noch bewegen konnte. Später war auch noch sein Bauch geschwollen, so dass er eine Spritze mit dem Antibiotikum Noroclav-® (Amoxicillin/Clavulansäure) bekam. Seither geht es ihm viel besser, aber er hat sichtbar abgenommen. Dass er Kenia lieber am Ohre saugte, als sich auf die Futtersuche zu konzentrieren, hat vermutlich auch dazu beigetragen! Plötzlich fanden wir auch an Ndiis Unterbauch eine Schwellung, was sich jedoch später als Insektenstich herausstellte, denn ihr ging es ansonsten sehr gut.
Sowohl Keeper als auch Elefanten wurden am 23. August, unweit des Stallgeländes, von einem Löwen überrascht, der sie lange anstarrte und schließlich im Busch verschwand. Die Keeper schlugen in weiser Voraussicht einen anderen Weg ein, aber die Begegnung ließ viele wackelige Beine zurück!
Dreimal in diesem Monat kam eine freundliche wilde Herde zum Saufen ins Stallgelände. Beim ersten Mal waren die Waisen besonders an dem kleinsten Kälbchen in der Herde interessiert. Sie versuchten ihn sogar zurückzuhalten, als sich die Herde wieder auf den Weg machen wollte! Beim zweiten und dritten Besuch waren sie schon in ihren Nachtquartieren, aber die wilde Gruppe blieb eine lange Zeit und das Kälbchen hob (nach seinen Spielgefährten suchend?) ständig seinen Rüssel.
Emilys Gruppe war gemeinsam mit einigen anderen wilden Herden auf der Sagalla Ranch, die gleich hinter der Parkgrenze an die Ngutuni Ranch anschließt. Dort gibt es momentan mehr Grünfutter als im Park selber. Die Keeper fuhren zweimal mit dem Motorrad dorthin, um sie zurückzutreiben. Aber beide Male wurden sie von aggressiven wilden Bullen verjagt. Bis die Regenfälle wieder einsetzen wird man nicht viel tun können, aber dann werden die wilden Elefanten wieder in den Park zurückkehren – und mit ihnen Emily und ihre Gruppe!
Die notwendige Instandsetzung der Voi-Stallungen wurde in diesem Monat von einem Drittunternehmen durchgeführt und durch den Trust bezahlt. Die Voi-Waisen haben es sich in ihren neuen Ställen bereits gut eingerichtet und stellen sich nunmehr auf die Hitze und die Trockenheit ein, die in Tsavo immer besonders harsch ist. Die Vorhersagen für die diesjährigen Regenfälle versprechen auch nicht allzu viel, so dass die Lage in Anbetracht des hier sehr realistischen Klimawandels nun von Jahr zu Jahr schlimmer zu werden scheint. Zum Glück ist die Natur sehr belastbar, aber es ist traurig mit anzusehen, dass der Mensch und sein Handeln einen so schlechten Einfluss haben auf die Erde, die er sich mit anderen Lebewesen teilt.