Newsletter aus Kenia/die Eli-Waisen im Juli

Monatsbericht für die Nursery-Gruppe: Juli 2010

Der Monat begann schon aufregend, denn am 7.Juli trafen zwei neue Waisenelefanten bei uns ein. Ihre Rettung wurde vom Leiter des Nationalparks Tsavo-West in die Wege geleitet. Das erste Kälbchen wurde von einem Wildhüter der Dorfgemeinde auf einer Routinepatrouille auf der Muhoho-Farm entdeckt, wo es allein herumirrte. Sofort wurde ein Rettungsteam geschickt und das Kälbchen traf noch am gleichen Tag vor Sonnenuntergang in der Nairobi-Nursery ein. Nach einigen Tagen ohne Nahrung, war das Baby inzwischen ziemlich abgemagert. Wir nannten sie Makireti.

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Dem zweiten Elefantenbaby hatten menschliche Hände so schlimme Verletzungen zugefügt, dass es noch vor seinem Transport nach Nairobi durch unseren Tierarzt notversorgt werden musste. Ein Speer hatte sich in ihrer Stirn verkeilt und auch die vielen Speerwunden auf dem Rest ihres kleinen Körpers deuteten darauf hin, dass sie heftig attackiert worden war. An ihrem Hinterbein fand sich eine tiefe, klaffende Wunde, die offenbar durch eine Axt verursacht wurde. Sie wurde eingefangen und vorübergehend in den Stallungen in Voi untergebracht und medizinisch versorgt. Über Nacht wurde sie von den Keepern nicht aus den Augen gelassen. Die Kleine wurde Murka genannt und kam am 8. Juli schwer traumatisiert in der Nursery an. Verständlicherweise war sie sehr aggressiv und blieb auch in den folgenden Tagen unberechenbar, besonders dann, wenn man sich ihr von hinten zu nähern versuchte. Anfangs nahm sie die Milch nur durch die Stalltüre an und wurde sehr böse, wenn sich ihr jemand annäherte. Wenn man sich vor Augen führt, was sie durchgemacht haben musste, war ihr Verhalten allerdings völlig nachvollziehbar. Schon am 15. war sie viel ruhiger, sie schien die Absicht der Keeper – nämlich ihr helfen zu wollen – verstanden zu haben. Diese ließen sie daraufhin zu den anderen Waisen. Eine Fehlentscheidung wie sich bald herausstellte, denn sie war offensichtlich noch lange nicht bereit dafür und ging sofort auf die Keeper los. Ihr Vertrauen in die Menschen war augenscheinlich völlig zerrüttet, und somit musste vorerst zurück in den Stall gebracht werden, wo sie vorerst bleiben soll, bis sie leichter zu handhaben ist.

Kandecha, unser Neuzugang aus dem vergangenen Monat, entwickelt sich prächtig und ist schon jetzt eine echte Bereicherung für die Nursery-Gruppe. Er verhielt sich unglaublich mitfühlend gegenüber Makireti, die zu Beginn noch sehr schwach war und den Verlust ihrer Familie kaum zu verwinden schien. Auch die anderen Waisen waren sehr freundlich und hilfsbereit gegenüber den Neulingen und überschütteten sie mit Liebe und Mitgefühl. Kibo ist glücklich, Kandecha zum Freund und Spielgefährten zu haben, und die beiden können oft beim Kräftemessen beobachtet werden. Kalama und Tumaren sind ebenfalls prädestiniert für diese Art Zeitvertreib, da sie die gleiche Größe wie Kibo haben.

Kandecha soil bathing IMG_0735 (1)

Kibo playing IMG_0768 (2)

Sugutas und Olares „mütterliche Gefühle’ gegenüber Sities haben bisher noch kein Stück nachgelassen. Sities zeigt inzwischen mehr eigenen Willen und ist ein selbstbewusstes, glückliches und schelmisches Kälbchen geworden, das liebend gerne stänkernd um die Stallungen zieht und Unruhe zwischen den Älteren stiftet. Diese werden dann von Suguta und Olare beim Versuch, ihrem ungestümen Schützling zu folgen, beiseite geschubst. Aber auch Sities hat ein großes Herz, was sie erst neulich wieder zeigte, als sie Kandecha Gesellschaft leistete, die um den Verlust ihrer Familie trauerte.

Sities playing under Suguta's  watch IMG_0723 (2)

Suguta hat ihre Kräfte beim öffentlichen Schlammbad wieder einmal zur Schau gestellt, indem sie die Wassertanks ausschüttete, damit die anderen Waisen sich dann ausgiebig darin wälzen konnten. Als Leitkuh sollte man so etwas allerdings nicht machen, denn die Waisen begannen sie sofort nachzuahmen und leere Tanks herum zu schieben. Trotz aller schlechter Vorbildfunktion war es dennoch ein sehr amüsantes Schauspiel!

Chemi Chemi fordert gerne die älteren Kühe heraus, und besonders gern spielt er mit Kalama und Turkwel, die kein Problem damit haben, ihm zu zeigen, wer (noch) der Stärkere ist.

Chemi Chemi IMG_0752

Das einzige Sorgenkind in der Nursery ist immer noch Mawenzi. Der Tierarzt untersuchte sie mehrfach, nachdem sie ohne erkennbaren Grund Gewicht verloren hatte. Offenbar hat sie aber keine Schmerzen, und hat sich sogar mit Makireti angefreundet. Mawenzi war gegenüber Neuankömmlingen schon immer sehr aufgeschlossen und meistens die erste, die sich mit ihnen angefreundet hat. Am 18. Juli jagte sie unseren Keepern einen großen Schrecken ein, als sie ihre Milch verweigerte und noch schwächer war als sonst. Doch schon am nächsten Tag trank sie wieder alle ihre Portionen und spielte sogar ein wenig mit Makireti.

Mwakireti, Kandecha & Mawenzi IMG_0746 (1)

Kalama und Kudup wetteifern um die Position der Leitkuh innerhalb der jüngeren Gruppe. Kalama ist momentan die Anführerin, aber die Keeper sind der Meinung, dass Kudup alle Talente für eine wunderbare und liebevolle Leitkuh hat. Sie denken, dass die Führung langsam auf sie übergehen wird, wenn Suguta und Olare erst einmal nach Tsavo umgesiedelt wurden.

Sities next to Mutara IMG_0773

Die älteren Waisen Olare, Tumaren und Melia werden bald ihr zweites Lebensjahr vollendet haben. Das ist immer der Zeitpunkt, an dem die Stoßzähne zu wachsen beginnen. Bei Suguta, die bereits älter als zwei Jahre ist, sieht man schon kleine Stoßzähnchen von etwa 5 cm Länge.

 

Monatsbericht für die Voi-Gruppe: Juli 2010

Als die Waisen am 14. Juli den Park durchgrasten, schloss sich Emily der jüngeren Gruppe an, die noch regelmäßig mit Milch zugefüttert wird. Laikipia und Mweya wollten sofort mit Siria ihre Kräfte messen, während sich Tassia lieber mit Emilys Kälbchen Eve beschäftigte. Seraa fraß Seite an Seite mit Sinya und Taveta. Icholta versuchte sich mit Dida anzufreunden, die jedoch ebenso wie Kimana und Ndii gegenüber den Waisen zu fremdeln schien. Solango war ganz besonders interessiert an Siria und versuchte immer wieder, ihn von Emilys Gruppe wegzulocken.

Emily und Laikipia, denen im letzten Monat beiden ein Pfeil entfernt werden musste, haben sich erholt und die Wunden verheilen gut. Am Verlauf des Ngutuni-Zaunes wurde mittlerweile das Gras und Gestrüpp entfernt, damit bald wieder aus Solarenergie gewonnener Strom fließen kann und die Waisen davon abhält, auf Farmland auszuwandern. Das wird den Konflikt zwischen Menschen und Wildtieren außerhalb der Parkgrenzen erheblich lindern. Besonders während der Dürre in 2009 drohte dieser Konflikt mehrfach zu eskalieren, weil es im Park mit hungerndem und dahinsiechendem Nutzvieh nur so wimmelte.

Am 7. Juli wurde der Nursery-Neuzugang Murka aus der Gegend um Ziwani im Nationalpark Tsavo-West nach Voi gebracht. Eine Speerspitze hatte sich tief in ihre Stirn gebohrt und an ihren Hinterläufen fanden sich schwere Verletzungen, die ihr durch eine Axt und/oder Machete zugefügt wurden. Das Kalb wurde sediert und der Schaft des Speeres konnte von unserem Tierarzt Dr. Poghon entfernt werden. Er reinigte die Wunde so gut er konnte, und Murka verbrachte die Nacht noch in Voi bevor sie am nächsten Tag nach Nairobi geflogen wurde. Der Transport gelang jedoch nicht, ohne sie wieder mit Medikamenten ruhig zu stellen, denn sie war ungemein aggressiv gegenüber allen Menschen – aber wer kann ihr das schon verübeln, nach allem was ihr zugestoßen ist.

Lesanju ist und bleibt die Leitkuh der 13 milchabhängigen Elefantenwaisen der Voi-Gruppe, die noch in der Obhut ihrer Keeper sind. Auch, wenn inzwischen die Trockenzeit begonnen hat, die Waisen wachsen und gedeihen und wirken proper und gesund. Kenia bemuttert nach wie vor Kimana, ihren auserwählten Liebling, und verhält sich sehr besitzergreifend. In der Nursery war sie eine so genannte Mini-Leitkuh und scheint auch jetzt wieder ihre eigene kleine Splittergruppe zusammenstellen zu wollen. Wie es aussieht, sollen Ndii, Dida, Taveta und Kimana dazugehören. Sie und „ihre kleine Herde’ fressen häufig ein wenig abwärts vom Rest der Herde und schließen sich erst wieder an, wenn sich der Trupp auf den Weg zum mittäglichen Schlammbad macht.

Tassia genießt immer noch die ungeteilte Aufmerksamkeit von Wasessa, die ihn als ihr „Baby’ betrachtet und nicht aus den Augen lässt, damit ihm keiner etwas zuleide fügt. Wie zum Beispiel am 20., als Siria versuchte, beim Suhlen auf Tassia aufzusteigen. Wasessa war im Nu zur Stelle und jagte Siria auf und davon.

Am 9. Juli jagte ein vom Baum fallendes Eichhörnchen Lempaute einen riesigen Schrecken ein, als es auf ihrem Rücken landete. Wie von der Tarantel gestochen stob sie davon und schrie so eindringlich, dass auch die anderen den Rückzug antraten!

Ein wenig später am gleichen Tag wurden die Waisen und ihre Keeper von einem Besuch der verwaisten Kuduantilopen Mkuki und Aruba überrascht. Die beiden sind mittlerweile fast ausgewachsen und leben in der freien Wildbahn. Alle freuten sich sehr, die beiden wohlauf und glücklich wieder zu sehen.

Siria und Mzima, die etwa gleich groß sind, sieht man häufig miteinander rangeln, um ihre Kräfte zu messen, ebenso wie Tassia und Taveta. Am 19. Juli begannen Tassia und Shimba einen kleinen Ringkampf, bei dem später auch noch Wasessa und Mzima mitmischten.

Zu Beginn des Monats wurden die Waisen von einer Gruppe Schüler besucht, die sich mit dem Anti-Snaring-Team des Trusts, das immer Schlingfallen einsammelt, auf einer Exkursion befand. Die Kinder, von denen die meisten noch nie zuvor einen Elefanten gesehen hatten (noch dazu aus dieser Nähe!), wurden von den kleinen Dickhäutern freundlich begrüßt. Die Schüler waren schwer beeindruckt und dieses Erlebnis wird wohl für immer in ihrem Gedächtnis bleiben.

In diesem Monat waren die Waisen mehrfach in der Nähe von wilden Elefantenherden. Aber aus uns noch unerklärlichen Gründen suchten sie nicht den direkten Kontakt. Am 10. und 28. Juli wagte die ohnehin sehr aufgeschlossene Siria den Vorstoß und wollte Kontakt zu einer auf Mazinga Hill grasenden Herde aufnehmen. Lesanju jedoch, die „ihre Herde’ wie eine Glucke beschützt, hatte anderes im Sinn, so dass sich Siria mit einem Rüsselschwenk aus der Ferne und einem Kollern zufrieden geben musste. Wenigstens wurde sein Gruß von der wilden Kuh erwidert. Am 12. Juli wurde Sirias Wunsch endlich erfüllt, und er konnte mit einem wilden Bullen in seinem Alter in der Nähe der Landebahn in Voi spielen.

Wasessa hatte am 12. Juli besonders viel Spaß dabei, Wasser in ihrem Rüssel aufzusaugen und danach ihren Kopf und alle neben ihr stehenden Menschen und Tiere abzuduschen.

Am 31. Juli schließlich entdeckten die Keeper, dass Kimanas Hinterbein geschwollen war. Da ihnen vorher nicht aufgefallen war, dass Kimana geschubst worden oder gefallen wäre, blieb ungewiss, was die Ursache hätte sein können. Da er Schwierigkeiten hatte, mit dem Rest der Gruppe Schritt zu halten, blieben die Keeper mit ihren Schützlingen an diesem Tag in der Nähe der Stallungen und bis zum Abend war die Schwellung wieder abgeklungen.

 

Monatsbericht für die Ithumba-Gruppe: Juli 2010

Loijuk verschwand zu Monatsanfang mit einigen Mitgliedern aus Wendis Gruppe, die morgens beim Grasen aufgetaucht war. Mehrere Nächte lang kehrte sie nicht in den Stall zurück und verbrachte lieber ein bisschen Zeit bei den Ex-Waisen. Ein paar Tage später kehrte sie in Begleitung von Yattas Gruppe wohlbehalten zurück. Für die Zeit in der Loijuk weg war, übernahm Sunyei die Führung der Gruppe und damit alle Pflichten einer Leitkuh. Sie wurde von Galana und Wendi unterstützt, die einen Tag nach Loijuks Verschwinden am Schlammbad auftauchten.

Kilaguni, Chaimu und Sabachi haben sich in der Zwischenzeit wunderbar in Voi eingelebt und entwickeln sich prächtig. Allerdings haben sie sich noch nicht ganz an die deutlich heißeren Temperaturen hier in Ithumba gewöhnt. Sie laden sich immer die Mägen voll mit Wasser, damit sie sich jederzeit hinter die Ohren spritzen können um sich abzukühlen. Die drei Babys der Ithumba-Gruppe wurden zu den Lieblingen aller älteren Kühe wie Nasalot, Kinna und Galana. Nur Sabachi verbringt ihre Zeit lieber bei den Jungs namentlich Zurura und Meibai. Sogar der Letztgenannte hat sich inzwischen an die drei Neuankömmlinge gewöhnt, sie als Teil der Gruppe akzeptiert und versucht nicht mehr sie bei jeder Gelegenheit zu besteigen um ihnen zu zeigen, wer der Stärkere ist.

Nach kurzer Abwesenheit, tauchte auch Rafiki einmal mehr mit wilden Artgenossen am Stallgelände auf. Sie alle stillten ihren Durst an der Tränke und grüßten die Waisen, bevor sie sich wieder auf den Weg in den Busch machen. Mgeni ist und bleibt Teil der Herde Ex-Waisen, der sich erst vor kurzem noch ein weiterer wilder Bulle angeschlossen hat. Dem haben die Keeper allerdings noch keinen Namen gegeben.

Die Ex-Waisen haben die Jüngeren nun fast jeden Tag besucht und verbringen viel Zeit miteinander beim Grasen, beim Suhlen und auf dem Weg von und zu den Stallungen. Jetzt, da die Trockenzeit wieder beginnt, wird man wieder mehr wilde Elefanten im Stallgelände zu Gesicht bekommen, die ihre Wasserspeicher an unsere Tränke auffüllen.

Vom Moment an, wenn sie morgens erwachen, bis zum Abend, wenn sie ihre Augen schließen, sind die Elefantenwaisen ständig in Aktion. Innerhalb des Stallgeländes spielen sie miteinander, messen ihre Kräfte, jagen ihre Gefährten umher oder spielen Verstecken. Draußen im park fressen sie die meiste Zeit. Wenn die Sonne in diesen Tagen besonders sengt, dann findet man sie meist im Schatten eines Akazienbaumes, und in ihrer Schlammsuhle haben sie die beste Zeit ihres Lebens: Spritzen, Rollen, Planschen, Wälzen und das miteinander oder genüsslich für sich allein. Wenn die Tage kälter werden, wälzen sie sich dann wieder im Dreck statt im Schlamm, der in heißen Zeiten ja der Abkühlung ihrer Körpertemperatur dient.

Am 30. Juli überraschten Naserian, Kora, Lualeni und Kamboyo die Waisen im Stallgelände! Was für eine Freude! Die ganze Gruppe – mit Naserian an der Spitze – verließ das Gelände in den Park, wo sie alle gemeinsam fraßen. Am späten Nachmittag waren nur noch Chaimu und Kilaguni in Sichtweite der Keeper, der Rest der Gruppe war schon ein Stück weiter gewandert. Als die Keeper ihre Schützlinge plötzlich nicht mehr hörten, machten sie sich auf die Suche, konnten sie aber nicht mehr finden. Bei Einbruch der Dämmerung blieb ihnen nichts anderes übrig, als mit Chaimu und Kilaguni zu den Ställen zurückzukehren und die anderen der Gruppe der Obhut von Naserian zu überlassen. Sobald der nächste Tag anbrach, machten sich die Keeper mit den übrig gebliebenen Waisen wieder auf den Weg in den Busch, und nur wenig später war die ganze Gruppe wieder glücklich vereint und fraß genüsslich an den Hängen von Ithumba Hill.

both ex orphans & orphans drinking water (2)