– Ausstellung und Event-Abend in London –
„Protector of the Giants“ – „Beschützerin der Riesen“ – ein Titel, der äußerst zutreffend ist für diese bemerkenswerte Frau, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die Elefanten Ostafrikas zu retten und zu schützen: Dr Dame Daphne Sheldrick.
In ihrem unermüdlichen Bemühen um den Erhalt von Elefanten und Nashörnern in Kenia und ganz Afrika war sie extra aus Nairobi nach London gereist, um in ihrer Ansprache zur Ausstellung „Protector of the Giants“, die in der Royal Geographic Society in London von 6. bis 10. September 2010 stattfand, ein Wort für die grauen Riesen einzulegen.
Am Dienstag abend öffnete diese Ausstellung des David Sheldrick Wildlife Trusts (DSWT) zu einem Wohltätigkeitsevent exklusiv für diejenigen, die Eintrittskarten für Dame Daphnes Rede hatten, bereits um 18 Uhr. Die Räume waren sofort voll von erwartungsvollen und fröhlichen Menschen.
Die Ausstellung enthielt Bilder von einigen der weltweit meist anerkannten Fotografen im Bereich Tierfotografie: Immagis Fotograf Joachim Schmeisser, preisgekrönter National Geographic Fotograf Michael Nichols und Robert Carr-Hartley, ebenfalls mehrfach preisgekrönter Fotograf Kenias.
Herausragende Fotografien von Elefanten sowohl in der Wildnis als auch von den Waisen des David Sheldrick Wildlife Trusts waren hier versammelt, die atemberaubende Momente im Leben von wild lebenden Elefanten zeigten und andere, die von der Aufzucht der Elefantenbabies in der DSWT Nursery bis zu ihrer Auswilderung im Tsavo East Nationalpark erzählten. Die Schönheit und die Majestät der afrikanischen Elefanten wird mit diesen Bildern gewürdigt.
Spezielle Drucke von vielen der Bildern konnten von den Besuchern erworben werden, – ein Angebot, das eifrig in Anspruch genommen wurde.
Ein Blick in die Ausstellung
Joachim Schmeisser mit seinem Bild „Kibo“ – ein kleiner Elefant, der hier geradezu monumental wirkt
Allmählich ließ man sich dann im Ondaantje-Theater nieder, wo Dame Daphnes Rede stattfinden sollte. Das Theater mit seinen 700 Sitzplätzen war ausgebucht!
Zuerst bestieg Rob Brandford das Podium, der UK Manager des DSWT, begrüßte das Publikum und sprach einige einleitende Worte.
Rob Brandfort, DSWT/UK
Danach zeigte uns ein Film, daß Daphne Sheldrick schon als Mädchen und als junge Frau Tierwaisen aller Art aufgezogen hat; von Dikdiks bis zu Nashörnern. Elefanten blieben jedoch eine Herausforderung, denn bei ihnen gelang die Aufzucht erst ab dem 2. Lebensjahr, wenn die Kälber nicht mehr vollständig auf Milch angewiesen waren. Die geeignete Milchmischung fand Dame Daphne erst im Laufe der Zeit und nach vielen Experimenten heraus, so daß sie von da an als erster Mensch weltweit auch die ganz jungen Elefantenbabies großziehen konnte.
In dem Film kamen sowohl Dame Daphne selbst als auch ihre Tochter, Angela Sheldrick und einige ihrer Keeper zu Wort, die das Wirken von Frau Dr Sheldrick lebendig und eindrucksvoll schilderten.
Daphnes Mann, David Sheldrick, der den Tsavo Ost Nationalpark aufgebaut hatte, starb 1977 – ihm zu Gedenken gründete Daphne das Elefantenwaisenhaus.
Nach diesem einleitenden Video kam Dame Daphne selbst auf die Bühne und ergriff das Wort. Sie erzählte in ihrer natürlichen und humorvollen Art von den Anfängen des Trusts, der ganz klein, nur auf ihrer Tierliebe begründet, begonnen hatte und dann von selbst immer größer wurde, da es (leider) immer mehr Elefantenwaisen zu retten und zu betreuen galt. Da der Mensch die Elefanten in ihrem Lebensraum auf vielfältige Art immer mehr bedrängt, geraten auch immer mehr der kleinen Elefanten in prekäre Situationen, in denen sie, wenn sie nicht von wohlmeinenden Menschen gerettet werden, verloren sind.
Elefanten brauchen eine sehr umfassende Betreuung, die nicht nur die ständige Begleitung der Keeper umfaßt, sondern auch z.B. Sunblocker für die empfindlichen Öhrchen, Schirme und Decken, die den Elefantenmutterbauch ersetzen sollen, einen sicheren Stall, der sie nachts vor Raubtieren schützt, medizinische Betreuung – und natürlich Unmengen jener besonderen Milch, nach der die Kleinen regelmäßig alle paar Stunden gieren. Die Keeper müssen sich auch um die richtige Temperierung der Elefantenkinder kümmern – ist zu viel Sonne, dann ist ein kühlendes Schlammbad fällig, ist es zu kalt, werden den Elefantenkindern Decken umgelegt.
Die Keeper selbst entwickeln sich dabei zu ganz besonderen Menschen, denn sie können nicht umhin, der „Magie“ der Elefanten mit ihrem ungeheuren Charme, ihrer Lebendigkeit und Intelligenz und ihrem warmen sozialen Verhalten zu verfallen. Es kommt soweit, daß Keeper, wenn sie ihre Urlaubstage nehmen, Sehnsucht bekommen nach den Waisen, da sie einfach Teil der Elefantenwaisen-Familie geworden sind.
Elefanten müssen lernen, um später in der Wildnis mit den wilden Elefanten kommunizieren zu können und um in ihre Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Auch bei Elefanten gibt es eine gewisse Etikette. Wenn sich ein Jugendlicher der Gruppe einmal rüpelhaft benommen hat, wird er aus der Herde gewiesen, im Höchstfall sogar für eine Stunde! Nicht den Schutz der Herde genießen zu können, ist etwas äußerst Unangenehmes für einen jungen Elefanten, da er dort Gefahren ausgesetzt ist, die er in der Herde nicht kennt, und er leidet auch an seiner Einsamkeit. Sobald er sich der Gruppe dann wieder nähert, ist das Begrüßungs- und Vergebungszeremoniell jedoch groß.
Die Ex-Waisen sind ihrerseits so großzügig, auch andere, „wilde“Waisen in ihre Herde aufzunehmen, wie z.B. Mgeni, der inzwischen zu Yattas Gruppe in Ithumba gehört.
Gottseidank gibt es auch bei Elefanten jenes genetische Gedächtnis, das den Elefanten bei der späteren Auswilderung hilft, denn auch der beste Keeper ist nur ein Mensch und hat nicht die exzellenten Fähigkeiten eines Elefanten in Bezug auf ihre Kommunikationsmethoden, ihr Gedächtnis und ihre diversen anderen Sinne.
Inzwischen haben einige der älteren sogenannten „Ex-Waisen“, die erfolgreich ausgewildert wurden und nun seit Jahren ein selbstbestimmtes Leben in der Wildnis führen, selbst Babies bekommen, was eine ganz besondere Freude für die ehemaligen Betreuer ist.
Dr Dame Daphne Sheldrick
Da es nicht genug ist, kleine Elefanten aufzuziehen, um sie dann einer vom Menschen schwierig gestalteten Freiheit anzuvertrauen, kümmert sich der Trust auch um ihren Lebensraum, so zum Beispiel um die Communities, d.h. um die Menschen, die am Rande der Nationalparks leben, und versucht, dort Verständnis für die Wichtigkeit der Elefanten und des Naturschutzes zu erwecken. Jeden Tag finden sich auch in der Nursery Schulklassen ein, die dabei wohl zum ersten Mal in ihrem Leben Elefanten sehen.
Ebenfalls wurde das Desnaring Team ins Leben gerufen, das beim Durchstreifen des Nationalparks Draht- und Schlingfallen von Wilderern aufspürt und entfernt. Diese Aufgabe mag sehr profan wirken, aber sie ist wirkungsvoll – und es ist bedrückend, wieviele Fallen tatsächlich täglich gefunden werden.
Dame Daphne erzählte sehr unterhaltsam einige Anekdoten, z.B. über den Elefanten, der seinen Keeper nach über 30 Jahren wiedererkannte, und über Elefantenkinder, die noch über Dikdiks und Frösche erschrecken und denen von den Keepern erst ein gewisses Vertrauen beigebracht werden muß. Die Mutigeren der Waisen schüchtern aber ihrerseits auch gerne andere Tiere ein, einfach aus Spaß. Eine Elefantenwaise, die zum ersten Mal eine Nacht draußen in der Wildnis mit anderen Ex-Waisen verbringt und der dann doch mulmig wird, wird von 2 jungen Bullen ganz gentlemanlike zurück „nach Hause“ in die Stockades gebracht. Bekannt ist auch die Geschichte von Burra, der die ganze Zeit an der Seite von Mweiga blieb, als sie krank war und nicht mehr mit der Gruppe Schritt halten konnte – bis sie schließlich starb. Am nächsten Morgen kamen alle Waisen und Ex-Waisen vor den Stallungen zusammen, wie um Abschied zu nehmen.
Es war ein großer Genuß, Frau Dr Sheldrick zuhören zu können, da man genau merkte, daß sie über ein Thema sprach, das ihr persönlich sehr am Herzen liegt und das ihr Alltag und ihr Lebensinhalt ist. Dabei war es herzerfrischend, sie so authentisch und als so natürliche, positive, freundliche und und bei allem Erfolg so bescheiden gebliebene Frau kennenzulernen.
Auch auf die anschließenden Fragen aus dem Publikum antwortete Dame Daphne gerne, ausführlich und ganz unprätentiös. Es war einfach klar, daß sie genau bei der Sache ist, und das Vertrauen, das alle Spender und Pateneltern in sie und ihr Projekt setzen, mehr als verdient.
Das Publikum würdigte Dame Daphnes Rede am Ende mit Standing Ovations, die gar nicht mehr aufhören wollten.
Es war ein wunderschöner Abend mit einem interessanten Thema und lauter positiv gestimmten Menschen – und ich denke, daß der Abend auch seinen wohltätigen Zweck voll erfüllt hat, da die Stände mit den Fotos, dem Info-Material und den diversen Geschenkartikeln des DSWT permanent belagert waren. (Man konnte dort z.B. auch für seine Lieblingselefanten Patenschaften abschließen – u.v.m.)
Vielen Dank nochmal an Rob Brandford und sein Team, das in die Organisation des Events sehr viel Mühe investiert hat!
Birgit Hampl
Von links nach rechts: Rob Brandfort, Daphne Sheldrick, Joachim Schmeisser, Angela Sheldrick, Jill Woodley
Ein strahlender Abend!
(Daphne Sheldrick, Joachim Schmeisser, Angela Sheldrick, Jill Woodley)
(c) Bilder und Text
Birgit Hampl für REAeV